Philosophie als ancilla theologiae
Diese schlagwortartige Zuspitzung der Verhältnisbestimmung der beiden wissenschaftlichen Disziplinen entstammte dem Werk "De scholasticorum sententia" von Franz Jakob Clemens (1856), der sich als neuscholastisch orientierter Theologe an den philosophischen Grundannahmen Thomas von Aquins ausrichtete. Er übernahm dessen Einheitsvorstellung, dass Philosophie und Theologie niemals zu unterschiedlichen Aussagen über die Wirklichkeit kommen können, und leitete davon die Unterordnung der Philosophie ab. Sie sei lediglich ein methodischer Zugang zur Erschließung von Offenbarung und kirchlicher Tradition. Die Theologie und der Glaube hätten ihrerseits jedoch den Zugang zu den übernatürlichen Wahrheiten und seien deshalb mit Größerem ausgestattet als die natürliche Vernunft des philosophischen Denkens, die sich lediglich auf innerweltliche Erfahrungen stützen könne.
Die Position Clemens' wurde in der zeitgenössischen Diskussion vor allem von Jakob Frohschammer und Johannes von Kuhn kritisiert, die eine scholastisch ausgerichtete Theologie angesichts der zeitgenössischen Fragen für rückschrittig hielten. Die seit der frühen Neuzeit etablierte Trennung von Philosophie und Theologie sollte gemäß ihrer Vorstellung anerkannt werden. Sie kritisierten darüber hinaus die sklavische Ausrichtung der Neuscholastik an Thomas von Aquin, dessen mittelalterliche Denkmuster nicht ohne weiteres in das 19. Jahrhundert transferiert werden könnten.
Bibliography
PEITZ, Detlef, Die Anfänge der Neuscholastik in Deutschland und Italien (1818-1870), Bonn 2006, S. 359-381.