Partito Nazionale Fascista
Nachdem die faschistische Bewegung durch den radikalen Squadrismus als Gegenpol zum Schreckgespenst des Bolschewismus in der italienischen Provinz zu Ansehen gekommen war, dabei aber durch seine Brutalität Mussolini vor die Wahl stellte, entweder einen gewaltsamen Putsch zu unternehmen oder aber auf demokratischem Wege zu versuchen, die Macht zu ergreifen, verständigte sich der "Duce" auf eine Doppelstrategie: Er nutzte auch weiterhin die brutalen "squadre", um stets seine Macht zu demonstrieren, gab sich in der politischen Öffentlichkeit aber als kompromissbereiter Staatsmann. Nach dem "patto di pacificazione" Giovanni Giolittis mit der Italienischen Sozialistischen Partei (Partito Socialista Italiano) ergab sich die Gelegenheit, geschlossen als Partei aktiv zu werden, was am zweiten Parteikongress vom 7.-10. Oktober 1921 beschlossen wurde.
Auch im Weiteren behielt Mussolini es sich vor, mit dem Staatsstreich zu drohen. Es war ihm bewusst, dass ein gewaltsamer Umsturz nicht zum Erfolg führen würde, genauso wenig wie ein rein demokratischer Weg. Mit dem Mythos des Marsches auf Rom, der für den 28. Oktober 1922 geplant war, erreichte er schließlich sein Ziel. König Viktor Emmanuel III. beauftragte Mussolini mit der Regierungsbildung. Der PNF behielt auch in der Folgezeit seinen ambivalenten Charakter von Regierungspartei auf der einen und paramilitärischer Bewegung auf der anderen Seite. Mussolini gab sich, wohl aus opportunistischen Gründen, königs- und kirchentreu, dazu steuerte er von Beginn an in Richtung Diktatur, etwa mit dem Ermächtigungsgesetz vom 24. Dezember 1922. Durch die Änderung des Wahlrechts am 13. Dezember 1923 konnte der PNF nach den für den 6. April 1924 anberaumten Neuwahlen die absolute Mehrheit erringen, womit der Faschismus und damit die Diktatur bestätigt wurden. Mit dem Staatsstreich vom 3. Januar 1925 wurde der PNF umstrukturiert: Aus der faschistischen Regierungspartei sollte eine autoritär strukturierte Einheitspartei werden, an deren obersten Stelle der Duce stand. Zudem wurde die Diktatur weiter vorangetrieben, auf rechtlicher Ebene etwa mit der Einschränkung der Meinungsfreiheit am 31. Dezember 1925 und schließlich dem "Legge per la difesa dello Stato" vom 25. November 1926. In der Verwaltung wurde eine Mitgliedschaft im PNF zur Voraussetzung für die Beamtenlaufbahn, zudem ließ sich Mussolini auch formal Sonderrechte als "Capo del Governo" ausstellen und entmachtete im Weiteren das Parlament komplett. Durch die Beschränkung des Wahlrechts konnte der PNF auch in den folgenden Jahren deutlich manipulierte Wahlsiege feiern.
Die Lösung der "Römischen Frage" durch die Lateranverträge am 11. Februar 1929 brachte Mussolini eine breite Zustimmung im Volk. Das faschistische System konnte der Kirche dabei weiter entgegenkommen als es einem demokratischen möglich gewesen wäre, weshalb Mussolini auch von der Kurie große Akzeptanz entgegengebracht wurde, zumal Papst Pius XI. als Sympathisant galt.
Nach dem Sturz Mussolinis 1943 wurde der PNF schließlich am 28. Juli 1943 durch die Regierung Pietro Badoglio aufgelöst und verboten.
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