Parlamentarischer Untersuchungsausschuss für die Schuldfragen des Ersten Weltkriegs
Die Parteien verfolgten im Ausschuss unterschiedliche Zielsetzungen. Die sozialistische Linke (USPD und später KPD) verstand ihn als ein Tribunal gegen die Exponenten des alten Regimes. Sozialdemokraten (SPD), Zentrumspartei, Deutsche Demokratische Partei (DDP) und Deutsche Volkspartei (DVP) wollten "leidenschaftslos" die damaligen politischen Entscheidungsabläufe und Verantwortlichkeiten aufklären. Das konservative Lager, insbesondere die Deutschnationalen (DNVP), war prinzipiell gegen den Ausschuss und seine Zielsetzung. Aufgrund der paritätischen Besetzung konnten letztere Kräfte später bestimmenden Einfluss auf den Ausschuss erlangen. Dies und das vielfach obstruktive Verhalten von Reichsbehörden und Militär führten dazu, dass der Ausschuss mithin vor allem der apologetischen Fundierung der deutschen Außenpolitik diente.
Insbesondere die Tätigkeit des zweiten Unterausschusses tangierte den Heiligen Stuhl. Hier wurde 1921/22 die päpstliche Friedensinitiative vom 1. August 1917 untersucht. Die Kurie und Pacelli hatten dagegen starke Vorbehalte, die vom Auswärtigen Amt in Hinblick auf eine mögliche Vermittlerrolle des Vatikans in Verhandlungen über eine Erleichterung der Bestimmungen des Versailler Vertrags geteilt wurden. Aus diesem Grund fanden die entsprechenden Sitzungen des Ausschusses unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Auch wurden die Gutachten und Entscheidungen sowie die Zeugenvernehmungen des zweiten Unterausschusses im Gegensatz zu den drei anderen nicht veröffentlicht.
Sources
Das Werk des Untersuchungsausschusses der Deutschen Verfassunggebenden
Nationalversammlung und des Deutschen Reichstages 1919-1930. Verhandlungen, Gutachten,
Urkunden, 19 Bde., Berlin 1925-1930.
Bibliography
HEINEMANN, Ulrich, Die verdrängte Niederlage. Politische Öffentlichkeit und
Kriegsschuldfrage in der Weimarer Republik (Kritische Studien zur Geschichtswissenschaft
59), Göttingen 1983, S. 155-218.
PÖHLMANN, Markus, Untersuchungsauschuß, parlamentarischer, in: HIRSCHFELD, Gerhard /
KRUMEICH, Gerd / RENZ, Irina (Hg.), Enzyklopädie Erster Weltkrieg, Paderborn u. a. 2009,
S. 938 f.