Reichspräsidentenwahl 1925

Die permanenten Schwierigkeiten während der Weimarer Republik, Regierungskoalitionen auf Reichsebene zu bilden und diese auch zusammenzuhalten, machte die Position des ohnehin bereits durch die Verfassung mit weitgehenden Kompetenzen ausgestatteten Reichspräsidenten umso wichtiger.
1922 beschloss der Reichstag aufgrund der aufgewühlten politischen Stimmung nach dem Mord an Walter Rathenau, den seit 1919 amtierenden Reichspräsidenten Friedrich Ebert (SPD) vorerst im Amt zu belassen und die erste Volkswahl erst 1925 durchzuführen. Durch Eberts Tod am 29. Februar 1925 wurde dies schon im Frühjahr notwendig.
Der erste Wahlgang, bei dem die absolute Mehrheit zur Wahl erforderlich war, wurde bereits für den 29. März terminiert, so dass für die Parteien wenig Vorbereitungszeit blieb. Nur die Deutschnationale Volkspartei (DNVP), die Wirtschaftspartei und die Deutsche Volkspartei (DVP) schlossen sich zu einem Wahlbündnis unter dem Namen "Reichsblock" zusammen und stellten einen gemeinsamen Kandidaten auf: die ehemaligen Reichsinnenminister Karl Jarres von der DVP. Er gewann auch mit 38,8 Prozent die meisten Stimmen. Alle anderen Parteien traten mit je einem eigenen Kandidaten an, von denen der Sozialdemokrat Otto Braun, der bis zum 23. Januar 1925 Ministerpräsident Preußens war, mit 29 Prozent der Stimmen am erfolgreichsten war. Der Zentrumskandidat und ehemalige Reichskanzler Wilhelm Marx erhielt 14,5 Prozent der Stimmen. Alle anderen Kandidaten blieben im einstelligen Bereich. Die Wahlbeteiligung lag mit 68,9 Prozent geringer als bei allen Reichstagswahlen.
Der zweite Wahlgang fand am 26. April 1925 statt. Hier war die relative Mehrheit ausreichend. Die Parteien der Weimarer Koalition (SDP, DDP, Zentrum) stellten nun einen gemeinsamen Kandidaten gegen den "Reichblock" auf, aber nicht den erfolgreicheren Sozialdemokraten Braun, sondern den Katholiken Marx. Die SPD hoffte, mit dieser Kandidatur bürgerliche Wähler weniger abzuschrecken. Außerdem sollte das Zentrum als Gegenleistung die Wiederwahl Brauns zum preußischen Ministerpräsidenten ermöglichen.
Da die Parteien der Weimarer Koalition mit ihren Kandidaten im ersten Wahlgang zusammen nahezu 50 Prozent der Stimmen erhalten hatten, war der "Reichsblock" auf einen besonders populären Kandidaten angewiesen, um erfolgreich zu sein. Man fand ihn in Paul von Hindenburg, der im kollektiven Gedächtnis längst vor allem der Sieger von Tannenberg 1914 war. Hindenburg gewann 48,3 Prozent der Stimmen und damit 3 Prozent mehr als Marx. Die meiste Unterstützung fand Hindenburg in Ostelbien, in den norddeutschen Agrarregionen, in Mitteldeutschland und Bayern. Marx dagegen war im Rheinland und in Westfalen, in Hessen, Baden, Berlin und Schlesien erfolgreicher.
Die Ursache für Marx' Niederlage waren nur bei oberflächlicher Betrachtung die 6,4 Prozent der Stimmen, die der Kandidat der Kommunistischen Partei (KPD) Ernst Thälmann (1886-1944) erhielt. Vielmehr kam der Anstieg der Wahlbeteiligung auf 77,6 Prozent im zweiten Wahlgang vor allem Hindenburg zugute. Daneben konnten es viele gemäßigte evangelische Wähler nicht mit ihrer religiösen Überzeugung vereinbaren, einen Katholiken zum Staatsoberhaupt zu wählen. Darüber hinaus unterstützte die Bayerische Volkspartei (BVP) Hindenburg, weil sie nicht einmal in einem Wahlbündnis zur Reichspräsidentenwahl mit der SPD zusammenarbeiten wollte.
Mit der Wahl Hindenburgs zum Reichspräsidenten erreichte der konservative Umschwung in der Weimarer Republik eine neue Stufe.
Bibliography
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Recommended quotation
Reichspräsidentenwahl 1925, in: 'Kritische Online-Edition der Nuntiaturberichte Eugenio Pacellis (1917-1929)', keyword no. 3087, URL: www.pacelli-edition.de/en/Keyword/3087. Last access: 21-12-2024.
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