Diplomatische Beziehungen zwischen dem Heiligen Stuhl und Frankreich
Erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts kam es erneut zu deutlichen Verwerfungen, die am 30. Juli 1904 zum Bruch Frankreichs mit dem Heiligen Stuhl und zur Vakanz der Pariser Nuntiatur führten. Der Konflikt gipfelte im Gesetz zur Trennung von Kirche und Staat ("Loi relative à la séparation des Eglises et de l'Etat") vom 9. Dezember 1905. In diesem Gesetz wurden die staatliche Anerkennung aller Kirchen und die finanzielle Zuwendung durch den Staat beendet, das Konkordat von 1801 wurde aufgekündigt. Nun musste alles kirchliche Wirken in der Öffentlichkeit, darunter auch Gottesdienste, angemeldet und genehmigt werden. Religiöses Leben sollte vollständig aus dem öffentlichen in den privaten Bereich verschoben werden, allerdings sollte das interne Recht einer Religion, sofern sie nicht in die Öffentlichkeit trat, respektiert werden. Pius X. verurteilte in seiner Enzyklika "Vehementer nos" vom 11. Februar 1906 das Trennungsgesetz als unvereinbar mit dem Selbstverständnis der katholischen Kirche, vor allem die Einmischung des Staates in rein kirchliche Angelegenheiten und die Verletzung der Hierarchie lehnt er ab. Die Nichtanerkennung des Gesetzes seitens des Heiligen Stuhls führte de facto zur Illegalität der katholischen Kirche in Frankreich. Am 2. Januar 1907 wurde das Trennungsgesetz dahingehend abgeändert, dass alles kirchliche Eigentum, mit Ausnahme der Kultgebäude, an den Staat fiel, der es jedoch der Kirche kostenlos zur Verfügung stellte. Pius X. lehnte diese Änderungsbestimmungen in der Enzyklika "Une fois encore" vom 6. Januar 1907 ab, was dazu führte, dass das Trennungsgesetz am 28. März 1907 erneut abgemildert und unter anderem dahingehend modifiziert wurde, dass die katholische Kirche Gottesdienste ohne Anmeldung abhalten durfte. Dadurch konnte sie in ihren religiösen Handlungen aus dem illegalen Rechtszustand heraustreten.
Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs, während welchem Frankreich und der Heilige Stuhl offiziell nicht miteinander in Kontakt treten konnten, strebten beide Seiten danach, die diplomatischen Beziehungen wieder aufleben zu lassen. Der Heilige Stuhl wollte aus seiner diplomatischen Isolierung – er hatte nicht an den Pariser Friedensverhandlungen teilnehmen dürfen – heraustreten und sandte im Mai 1921 mit Bonaventura Cerretti einen neuen Nuntius nach Paris, wodurch die diplomatischen Beziehungen wieder aufgenommen wurden. Am 24. Mai 1926 folgte Luigi Maglione auf Cerretti als Nuntius in Paris. Französische Botschafter beim Heiligen Stuhl waren Charles Jonnart (1921-1923), Giovanni Doulcet (1923-1928) und Viscanote Antonio Giuseppe Luigi Gabriele de Fontenay (1928-1931).
Sources
Enzyklika "Une fois encore" vom 6. Januar 1907, in: www.vatican.va (Last access: 03.12.2013) [franzöischer Text].
Enzyklika "Vehementer nos" vom 11. Februar 1906, in: www.vatican.va (Last access: 03.12.2013) [franzöischer Text].
Loi du 9 Dècembre 1905, Loi concernant la séparation des Eglises et de l'Etat
(Auszug), in: WICK, Volker, die Trennung von Staat und Kirche. Jüngere Entwicklungen in
Frankreich im Vergleich zum deutschen Kooperationsmodell (Jus Ecclesiasticum B 81),
Tübingen 2007, S. 226-240.
Bibliography
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ARMANDO, Gianfranco, Die Nuntien in Paris. Bonaventura Cerretti, Luigi Maglione
und Valerio Valeri, in: WOLF, Hubert (Hg.), Eugenio Pacelli als Nuntius in Deutschland.
Forschungsperspektiven und Ansätze im internationalen Vergleich (Veröffentlichungen der
Kommission für Zeitgeschichte B 121), Paderborn 2012, S. 145-152, hier 145 f.
DURAND, Jean-Paul, Das Französische Trennungsgesetz von 1905 und seine Folgen, in:
Essener Gespräche zum Thema Staat und Kirche 40 (2007), S. 5-12.
SKALWEIT, Stephan, Französische Revolution (FR), in: Lexikon für Theologie und Kirche3 4 (1995),
Sp. 58-60.
WICK, Volker, die Trennung von Staat und Kirche. Jüngere Entwicklungen in Frankreich
im Vergleich zum deutschen Kooperationsmodell (Jus Ecclesiasticum B 81), Tübingen 2007,
S. 29-35.