Fuldaer Bischofskonferenz 1929 vom 6.-8. August, Nr. 03
a) Der Schulsonntag mit Kollekte wird für den 1. Sonntag im Mai 1930 festgesetzt.
b) Dem Wunsche der Schulorganisation, die Jahresprogramme der höheren Schulen der Zentrale zu übersenden, soll wegen der Wichtigkeit der Sache nach Möglichkeit entsprochen werden.
c) Das Institut der Wanderlehrer für den Religionsunterricht bei Minderheiten in der Diaspora hat sich bewährt. Um alle Schüler für den Religionsunterricht zu erfassen, wird hingewiesen auf den Erlaß des Ministers für Wissenschaft pp. vom 27. Juni d. Js. (Anlage 2.)
d) Trennung von Kirchen- und Schulvermögen. Nachdem in der Judikatur des Reichsgerichtes und des Oberverwaltungsgerichtshofes verschiedene Auffassungen bzgl. der rechtlichen Seite bei der Vermögensauseinandersetzung vereinigter Küsterschulämter vertreten sind, ist zur Sicherung der kirchlichen Rechte ein erfahrener Jurist herangezogen worden; sein Werk wird noch im Herbst im Druck vollendet sein.
e) Da sich in letzter Zeit die Fälle mehren, daß katholische Lehrer, die an weltlichen Schulen tätig waren, an Bekenntnisschulen zurückversetzt werden wollen, beschließt die Konferenz, in allen Diözesen durch die Amtsblätter eine Verfügung zu erlassen des Inhalts: 'Katholische Lehrer, die eine Anstellung an weltlichen Schulen angenommen haben, verlieren dadurch die missio canonica. Ob bei einer Rückversetzung an eine katholische Schule die missio canonica wieder erteilt werden kann, hängt von der Prüfung des einzelnen Falles ab. Die Pfarrer sind verpflichtet, in jedem Einzelfall eingehend an das Ordinariat zu berichten'.
f) Betreffend die Lehrerbildung wird die Konferenz dem Ministerium die Forderung unterbreiten:
1. daß wenigstens einige katholische pädagogische Akademien für männliche Bewerber in den nächsten Jahren errichten [sic] werden,
2. daß die gesamte Ausbildung katholischer Volksschullehrerinnen auf pädagogischen Frauenakademien geschieht,
3. daß zu Ostern 1930 die erste katholische Frauenakademie eröffnet wird,
4. daß das Prinzip der Geschlechtertrennung auch für die pädagogischen Akademien des Ostens gelten soll.
Für die Erteilung der missio canonica an die Abiturienten der pädagogischen Akademien wird nach bayrischem Muster eine Urkunde eingeführt werden, deren Wortlaut im Erzbischöfl. Ordinariate zu Köln festgestellt werden wird.
g) Religionsunterricht an den Berufsschulen.
1. Die Konferenz nimmt Kenntnis davon, daß über das Bestehen der Pflicht der Regierung zur Einführung des Religionsunterrichts an öffentlichen Berufsschulen auf Grund des Art. 149 d. R. V. ein Gutachten eingefordert ist. Vor Erhebung einer diesbezüglichen Klage bei dem Staatsgerichtshof soll zunächst an die Konferenz berichtet werden.
2. Die Konferenz begrüßt es, daß der Verein kath. Lehrerinnen eine sachgemäße Ausbildung der an Berufsschulen tätigen Lehrerinnen für die Erteilung des Religionsunterrichts an diesen Schulen anregt und in die Wege leitet. Auf jeden Fall ist an den Gewerbelehrerinnenseminaren die Einführung des Religionsunterrichts zu erstreben.
3. Es ist nichts dagegen einzuwenden, daß Ordensgenossenschaften den Unterricht an kommunalen Berufsschulen in vorwiegend kath. Gegenden übernehmen, wenn vertraglich gesichert ist, daß der Ordensdisziplin dadurch keine Hindernisse bereitet werden. Der Vertrag bedarf nach Begutachtung der Ordensschulzentrale der Genehmigung des zuständigen Ordinariates. (Siehe Anlage 3.)
h) Privatschulen.
Einen Ausgleichfonds für private höhere Schulen für alle Diözesen zu schaffen, lehnt die Konferenz ab, legt aber den einzelnen Ordinariaten nahe, innerhalb der Diözesen einen solchen Fonds, soweit es möglich ist, zu bilden und diesen auch durch kirchliche Mittel zu unterstützen. Bei der Bedeutung der privaten kath. höheren Schulen ist es wünschenswert, daß die kirchlichen Gemeindeverbände Mittel dazu bewilligen. Die Konferenz nimmt mit Befriedigung davon Kenntnis, daß es den Bemühungen der Ordensschulzentrale gelungen ist, höhere staatliche Beihilfen besonders für die Besoldung der Ordenslehrerinnen zu erlangen.
i) Religionslehrer und weltliche Kräfte an Ordensschulen.
Die Ordensschulzentrale wird beauftragt, in einer gemeinsamen Besprechung von Ordensschwestern, Religionslehrern und weltlichen Lehrkräften die Schwierigkeiten, die sich aus der Schulreform und den Zeitverhältnissen für ein inniges Zusammenarbeiten aller Lehrkräfte ergeben haben, festzustellen und Wege zur Abhilfe aufzuzeigen. Auf der Sitzung ist auch die Frage der Verteilung des Religionsunterrichts und der Erteilung der Missio canonica zu besprechen. Bis dahin erübrigt es sich, eine besondere Dienstanweisung für die Religionslehrer aufzustellen. Vorschläge über eine evtl. Neuregelung sind der Bischofskonferenz zu unterbreiten.
k) Das Bestreben der Schulorganisation, an deutschen Auslandsschulen offiziellen kath. Religionsunterricht zur Einführung zu bringen, ist zu begrüßen, soweit nicht eine Erziehung der Kinder an kath. Schulen dadurch beeinträchtigt wird.
l) Mit den Ministerien sollen erneut Verhandlungen aufgenommen werden, ob Geistliche, welche an Mittelschulen als Religionslehrer hauptamtlich angestellt sind oder werden sollen, zur Ablegung der Mittelschullehrerprüfung verpflichtet sind.
m) Jugendrotkreuz.
Dem Bestreben des preußischen Kultusministers (vgl. Erlaß vom 8. Februar 1929, siehe Anlage 4), an allen Schulen die Gründung des deutschen Jugendrotkreuzes durch Empfehlungen zu fördern, wird der Episkopat in einem Schreiben an den Minister Stellung nehmen, da eine Interkonfessionalisierung der Erziehung und eine Zurückdrängung der kath. Organisationen darin liegt. Die Schulorganisation und der Caritasverband werden aufgefordert, mit den übrigen in Betracht kommenden Organisationen baldigst eine Besprechung darüber abzuhalten, wie einer Propaganda des Jugendrotkreuzes wirksam entgegengetreten werden kann und zugleich berechtigte Ziele dieser Organisation durch die bestehenden Einrichtungen auf kath. Grundlage gefördert werden können.
n) Die Konferenz stimmt der Bildung der kath. Reichsarbeitsgemeinschaft 'Kinderwohl' zu und überläßt dabei den Ordinarien, Richtlinien für die örtliche Kinderarbeit innerhalb der Pfarrgemeinden nach dem Muster der beiliegenden durch die Amtsblätter dem Seelsorgeklerus bekannt zu geben. (Siehe Anlage 5.)
Zweite Sitzung, Dienstag, den 2. August 1929, 16 Uhr.
Fortsetzung der Besprechung von Schulfragen.
Das Religionsbüchlein für Hilfsschulen ist für den Gebrauch in der Diaspora erschienen unter Weglassung des Wortes 'Hilfsschulbüchlein' als 'Religionsbüchlein, den Kindern der Diaspora gewidmet' (Verlag L. Schwann, Düsseldorf). In Anbetracht der in der Diaspora zum Religionsunterricht zur Verfügung stehenden, nur sehr kurzen Zeit, sowie in Anbetracht der Armut der Diasporajugend wird für alle Diözesen die Einführung dieses Büchleins in den Diasporagegenden empfohlen. In den Amtsblättern soll dementsprechende Bekanntmachung erfolgen.
p) Katholische Universität. Die Bischofskonferenz begrüßt den Gedanken, die theologische und philosophische Fakultät in Salzburg zu einer vollen katholischen Universität auszubauen, und ist bereit, in brüderlicher Anteilnahme dieses für die Zukunft der Kirche im deutschen Sprachgebiet hochwichtige Werk moralisch zu fördern. Im besonderen erwartet die Konferenz für den Plan einer kath. Universität das aktive Interesse der Görresgesellschaft und der anderen kath. Akademikerverbände. Die jeweiligen Vorsitzenden der Bischofskonferenzen in Fulda und Freising werden auf Einladung des österreichischen Episkopates als Ehrenmitglieder in das Kuratorium von Salzburg eintreten. Die Neubelebung des Gedankens einer kath. Universität auf reichsdeutschem Boden (Fulda) bleibt späterer Erwägung vorbehalten.
q) Der Neubau des deutschen Institutes für wissenschaftliche Pädagogik in Münster wird im Umfange des wirklichen Bedürfnisses begrüßt. Über die finanzielle Unterstützung wird die weitere Stellungnahme vorbehalten.
r) Schulorganisation und Volksverein.
Die Selbständigkeit des [sic] Schulorganisation gegenüber dem Volksverein soll gewahrt bleiben, jedoch ist ein enges Zusammenarbeiten beider Organisationen unerläßlich.
s) Der Plan der Schaffung von Schulwandbildern über die Missionen und die Diaspora wird wohlwollend zur Kenntnis genommen. Es bleibt späterer Entschließung vorbehalten, ob durch die Amtsblätter eine Empfehlung ausgesprochen werden soll."
Sources
Protokoll der Fuldaer Bischofskonferenz vom 6.-8. August 1929, in: HÜRTEN, Heinz
(Bearb.), Akten deutscher Bischöfe über die Lage der Kirche 1918-1933, Bd. 2:
1926-1933 (Veröffentlichungen der Kommission für Zeitgeschichte A 51), Paderborn
u. a. 2007, Nr. 475, S. 955-969, hier 957-960.