Besetzung der Kanonikate in Preußen
Die Besetzung von Kanonikaten wurde in Preußen das 19. Jahrhundert über durch die Bestimmungen der Zirkumskriptionsbulle "De salute animarum" vom 16. Juli 1821 geregelt, die Pius VII. und König Friedrich Wilhelm III. vereinbarten.
Die Bulle sah vor, dass die Domkapitel an den Bischofskirchen der in Preußen liegenden Diözesen, mit zehn bzw. zwölf Kanonikaten zu besetzen seien. Die Maximalzahl hing von der Größe der Diözesen und deren Rang (Metropolitan- oder Suffraganbistum) ab. Neben den ordentlichen Kanonikern war eine Anzahl von zu bestellenden Ehrendomherren in jeder Diözese ermöglicht. Bemerkenswert ist das im Zuge der Verhandlungen erwirkte Präsentationsrecht des Königs für die vakanten Kanonikate, die in den päpstlichen bzw. ungeraden Monaten vakant wurden. Dass dieses Vorrecht einem protestantischen Herrscher gewährt wurde, erweist sich als auffällige Besonderheit. In den übrigen Monaten oblag es dem Ortsbischof und dem Domkapitel, die vakanten Kanonikate im Wechsel zu besetzen.
Mit dem Ende der Monarchie und der Errichtung des Freistaats Preußen wurde auch eine Neuordnung des Verhältnisses von Staat und Kirche nötig. Die staatliche Mitbestimmung bei innerkirchlichen Entscheidungen wurde durch die neue Preußische Verfassung vom 20. November 1920 (Art. 11 Abs. 4) auf den Prüfstand gestellt. Ab 1926 wurde zwischen Pacelli als Nuntius in Berlin und der Preußischen Regierung über eine Neuregelung verhandelt, die sich im Preußenkonkordat von 1929 niederschlug. Bei der Besetzung sämtlicher kirchlichen Ämter – so auch bei der Besetzung der Kanonikate – verzichtete der Staat auf die ehemals königlichen Vorrechte. Die Domkapitulare wurden fortan durch den Heiligen Stuhl ernannt, wobei der jeweilige Ortsbischof und das Domkapitel im Wechsel das Präsentationsrecht ausübten (Art. 8). Beide Seiten wurden zu Beratung dieser Personalfragen verpflichtet.
Sources
SCHÖPPE, Lothar (Bearb.), Konkordate seit 1800. Originaltext und deutsche Übersetzung
der geltenden Konkordate (Dokumente 35), Frankfurt am Main / Berlin 1964, S. 63-67.
Bibliography
FEINE, Hans Erich, Kirchliche Rechtsgeschichte. Die Katholische Kirche, Köln / Wien
51972, S. 618-620.
HERMES, Christian, Konkordate im vereinigten Deutschland, Ostfildern 2009,
S. 102-108.