Nationalkonzil
Die im Mittelalter üblichen Synoden des Episkopats größerer territorialer Gebiete wie etwa die Reichssynoden hatten sich als Entscheidungsgremium für bestimmte Fragestellungen etabliert und wurden in der Reformbewegung des 14. bis 16. Jahrhunderts als Zwischeninstanz auch in Glaubensfragen zwischen dem Einzelbischof und Rom stark rezipiert und durchdacht. Auch das Konzil von Trient (1545-1563) empfahl zur Verbesserung der Seelsorge überregionale Synoden. Mit dem Untergang der herrschaftlichen Systeme der starken Nationalkirchen (Ecclesia Gallicana und Reichskirche) am Übergang vom 18. zum 19. Jahrhundert und dem dann einsetzenden Streben nach einer von Rom aus zentralistisch geführten Kirche trat das Modell der Nationalkonzilien in den Hintergrund. Wenn synodale Zusammenkünfte als erforderlich angesehen wurden, sollten diese nur in enger Abstimmung mit den römischen Behörden und unter Einfluss des Papstes anberaumt werden. So kannte der CIC von 1917 lediglich die Form des Plenarkonzils, unter das sich auch das Nationalkonzil subsumieren ließ. Ein Plenarkonzil stellte eine Kirchenversammlung dar, die über eine Kirchenprovinz hinausging und nur mit päpstlicher Vollmacht einberufen werden konnte (can. 281). Leiter dieser Versammlung, zu deren Mitgliedern der Episkopat, Apostolische Administratoren, Äbte, Prälaten, Apostolische Vikare, Präfekten und Kapitelvikare gehörten (can. 282), war ein vom Papst ernannter Legat (can. 281). Damit wurde dezidiert die Formierung einer starken Nationalkirche und eine von Rom unabhängige Entscheidungsfindung verhindert. Einen Sonderfall stellten jedoch die in verschiedenen Ländern vertretenen, selbstverantwortlich agierenden Bischofskonferenzen dar, deren Status ungeklärt blieb und aus kurialer Perspektive immer wieder kritisiert wurde.
Quellen
1917 Codex Iuris Canonicis, can. 281 f., in: www.jgray.org (Letzter Zugriff am: 13.06.2016).
Codex Iuris Senior, can. 281 f., in: www.catho.org (Letzter Zugriff am: 13.06.2016).
GASPARRI, Pietro (Hg.), Codex Iuris Canonici Pii X Pontificis Maximi iussu
digestus, Benedicti Papae XV auctoritate promulgatus, Rom 1917,
can. 281 f., in: www.archive.org (Letzter Zugriff am: 13.06.2016).
Literatur
EICHMANN, Eduard / MÖRSDORF, Klaus, Lehrbuch des Kirchenrechts auf Grund des Codex
Iuris Canonici, Bd. 1: Einleitung, Allgemeiner Teil und Personenrecht, Paderborn
1949, S. 357.
FÜRST, Carl Gerold, Plenarkonzil, in Lexikon für Theologie und Kirche3 8 (1999),
Sp. 354.
SCHNEIDER, Egon, Konzil, in: Lexikon für Theologie und Kirche 6 (1934), Sp. 182-188, hier 187.
SIEBEN, Hermann Josef, Das Nationalkonzil im frühen Selbstverständnis, in: Theologie
und Philosophie 62 (1987), S. 526-562.