Württembergisches Katholisches Pfarrgemeindegesetz vom 22. Juli 1906
Gemäß der vorangegangenen Gesetzgebung war in jeder Pfarrgemeinde, die eine Kirchenstiftung mit eigenem Stiftungsvermögen und damit eine Körperschaft öffentlichen Rechts darstellte, ein Kirchenstiftungsrat zu bilden. Darunter fielen auch diejenigen Pfarreien, die als Filialen in andere größere Pfarreien inkorporiert waren, jedoch ihr eigenes Kirchenstiftungsvermögen behielten (Art. 1). In größeren Orten, die sich in mehrere Pfarreien aufgliedern ließen, bestand auch die Möglichkeit der Errichtung eines Gesamtkirchenstiftungsrats.
Hinsichtlich der Zusammensetzung des Rats sah das Gesetz die Mitgliedschaft des Ortspfarrers, aller sonstigen angewiesenen Seelsorger, des Ortsvorstehers oder Bürgermeisters (sofern dieser katholisch war), des Kirchenpflegers sowie der von der Pfarrgemeinde gewählten Mitglieder vor (Art. 2). Bei Bestehen eines gesonderten Patronatsrechts gehörte auch der Patron dem Gremium an.
Aufgaben des Kirchenstiftungsrats waren der Erhalt sämtlicher kirchlichen Gebäude, die Vertretung der Interessen der Pfarrgemeinde gegenüber der Schule, die Besetzung der Stellen des nicht in Seelsorge und Schule tätigen Personals (Organist, Kantor, Mesner/Küster etc.) und Vertretung der Pfarrgemeinde in finanziellen Angelegenheiten (Art. 17-19).
Bei der Verwaltung des Stiftungsvermögens waren die Kirchenstiftungsräte dem Rottenburger Ordinariat unterstellt, das jedoch an die rechtlichen Grundsätze der jeweiligen Stiftungen gebunden blieb (Art. 20). Zu den verwalteten Vermögenswerten wurden örtliche Stiftungen, Kapitalien der Baulast und kultischen Verwendung, sonstiges Ortskirchenvermögen sowie das Kirchenopfer (Kollekte) gezählt (Art. 21).
Quellen
Katholisches Pfarrgemeindegesetz vom 22. Juli 1906, in: HUBER, Ernst Rudolf /
HUBER, Wolfgang (Hg.), Staat und Kirche im 19. und 20. Jahrhundert. Dokumente zur
Geschichte des deutschen Staatskirchenrechts, Bd. 3: Staat und Kirche von der
Beilegung des Kulturkampfs bis zum Ende des Ersten Weltkriegs, Berlin
21990 ND Darmstadt 2014, Nr. 38, S. 91-94.