Attacken gegen den Heiligen Stuhl im Elsass 1928/1929
Der Straßburger Bischof Charles Ruch (1873-1945) vertrat eine strikt nationale, französische und antikommunistische Position. Weite Teile des Klerus hingegen unterstützten die elsässischen Regionalisten. Diesen warf Ruch vor, eine Trennung der Region von Frankreich anzustreben und mit den Kommunisten zusammenzuarbeiten. Sprachrohr der katholischen Regionalisten waren der Priester Xavier Joseph Haegy (1870-1932) und sein "Elsässer Kurier". Haegy strebte nach eigenem Bekunden lediglich eine größere Autonmie innerhalb Frankreichs an.
Der Heilige Stuhl wurde von verschiedenen Seiten in den Konflikt hineingezogen. Zunächst bat der französische Ministerpräsident Raymond Poincaré im Frühjahr 1928 um eine Distanzierung von Heagy, da auch er Verbindungen zwischen Katholiken und Kommunisten fürchtete. Im Kontext der Wahlen im Herbst des Jahres verschärfte sich die Situation, da Ruch in einem Hirtenbrief vor der Wahl gegen die Regionalisten zur Vaterlandsliebe aufrief, was der Osservatore Romano explizt lobte. Daneben feierte Ruch einen Gedenkgottesdienst zum Jahrestag der Rückeroberung Elsass-Lothringens durch Frankreich. Dies rief das deutsche Auswärtig Amt auf den Plan, das eine Unterdrückung der deutschen Minderheit befürchtete. Es konnte zwar keine Distanzierung des Heiligen Stuhls von Ruch erreichen, aber erwirken, dass Haegy seine publizistische Tätigkeit unter Auflagen fortsetzen konnte.
Quellen
Vatikan, Elsaß-Lothringen und Konkordat, in: Dresdener Anzeiger, Jg. 199 (1928)
Nr. 610 (31. Dezember 1928), S. 1 f.
Literatur
Elsass-Lothringische Frage; Schlagwort Nr. 5036.
SCHULZE, Thies, Bischof in einem fremden Land. Der Straßburger Bischof Charles Ruch
zwischen Katholizismus und Nationalismus, 1919-1931, in: Francia. Forschungen zur
westeuropäischen Geschichte 37 (2010), S. 167-194, in: https://journals.ub.uni-heidelberg.de (Letzter Zugriff am: 04.10.2019).