Abgliederung des Saargebiets von den Diözesen Trier und Speyer und Ernennung eines Apostolischen Administrators
Bereits während dieses Zeitraums drängte Frankreich immer wieder auf eine Loslösung der saarländischen Gebiete von den Bistümern Trier und Speyer. Dabei wurden die Angliederung an das Bistum Metz, die Errichtung eines Saarbistums oder eines Apostolischen Vikariats bzw. einer Apostolischen Administratur für das Saargebiet als Varianten vorgeschlagen. Die politische Auseinandersetzung um den Verbleib des Saargebiets beim Reich erhielt so eine religiöse Dimension.
Der Trierer Bischof Michael Felix Korum war besonders für den Verbleib des Saargebiets bei seiner Diözese engagiert. Er suchte dabei unter anderem Pacelli und den Heiligen Stuhl um Unterstützung an. Auch der Bischof von Speyer, Ludwig Sebastian, setzte sich beim Münchener Nuntius für den Verbleib der saarländischen Pfarreien bei seinem Bistum ein und hatte dabei die Zustimmung des bayerischen Episkopats. Frankreich konnte sein Ziel dagegen nicht mit Nachdruck verfolgen, weil es keine diplomatische Vertretung beim Vatikan hatte. Die französische Regierung versuchte über die französisch dominierte Regierungskommission des Völkerbundes in Saarbrücken Einfluss auf den Heiligen Stuhl zu nehmen, doch entsandte der Heiliger Stuhl mit Gustavo Testa lediglich einen Visitator zur Beobachtung der Verhältnisse im Saargebiet.
Korums Nachfolger als Bischof von Trier Franz Rudolf Bornewasser trat ebenfalls für einen Verbleib der saarländischen Gebietes seiner Diözese beim Reich ein. Er nutzte etwa 1923 den Saarländischen Katholikentags für nationale Treuebekenntnisse. Bis 1935 gaben die Bischöfe von Trier und Speyer immer wieder solche Treuebekenntnisse ab. Auch die saarländische Zentrumspartei trat nachdrücklich für einen Verbleib der saarländischen Gebiete bei den deutschen Diözesen und den des Saargebiets beim Reich ein.
Der Heilige Stuhl verstand seine Weigerung, die kirchlichen Verwaltungsstrukturen im Saargebiet zu ändern, als Teil seiner traditionellen Neutralitätspolitik, nach der die kirchliche Verwaltung erst nach der endgültigen Festlegung staatlicher Grenzen an die neuen Verhältnisse angepasst werden sollten. Da es sich bei den Bestimmungen des Versailler Vertrags für das Saargebiet um eine Übergangslösung bis ins Jahr 1935 handelte, wollte die Römische Kurie keine Änderungen vornehmen, die als politische Einflussnahme hätten verstanden werden können. So bestätigte das am 29. März 1924 unterzeichnete Bayerische Konkordat in Artikel 12 die Zirkumskription der bestehenden bayerischen Diözesen inklusive der Diözese Speyer.
Quellen
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Literatur
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SELBACH, Hans-Ludwig, Katholische Kirche und französische Rheinlandpolitik nach dem Ersten
Weltkrieg. Nationale, regionale und kirchliche Interessen zwischen Rhein, Saar und Ruhr
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ZENNER, Maria, Parteien und Politik im Saargebiet unter dem Völkerbundsregime 1920-1925
(Veröffentlichungen der Kommission für saarländische Landesgeschichte und Volksforschung 3),
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