Regierungskommission für das Saargebiet
Die Regierungskommission bestand aus fünf Mitgliedern, von denen eines ein Franzose und eines ein aus dem Saargebiet stammender und dort ansässiger Nichtfranzose sein musste. Sie besaß alle Regierungsbefugnisse, die zuvor beim Deutschen Reich, Preußen und Bayern gelegen hatten. Die Kommission erhielt daneben umfangreiche legislative Kompetenzen im Saargebiet.
Am 13. Februar 1920 wurden die ersten Regierungskommissare vom Völkerbund ernannt: der französische Staatsrat Victor Rault, der belgische Major Jacques Lambert, der Däne Leon Albin Graf von Moltke-Huitfeldt, der saarländische Industrielle und Landwirt Alfred von Boch und der Kanadier Richard Deans Waugh. Das Präsidium der Kommission wurde Rault übertragen.
Die Kommission nahm im März 1920 ihre Tätigkeit in Saarbrücken auf. Rault übernahm die Ressorts des Innern, des Äußern, des Handels, der Industrie und der Arbeit, Lambert die der öffentlichen Arbeiten, der Eisenbahnen, der Post und der Telegraphie, von Moltke-Huitfeldt die des Kultus' und der Justiz, von Boch die der Landwirtschaft, der Gesundheit und der öffentlichen Wohlfahrt und Waugh die der Ernährung und der Finanzen. Die Ressortverteilung änderte sich bis 1935 mehrmals.
Rault wurde 1926 von Jean Morize ersetzt, der das Amt bis 1935 innehatte. An die Stelle Lamberts trat 1928 der ehemalige finnische Industrie- und Handelsminister und Bürgermeister von Helsinki Leo R. von Ehrnrooth, der bis 1935 im Amt blieb. Von Moltke-Huitfeldt folgte 1924 der spanische Offizier und Anwalt Carlos Espinosa de los Monteros, nach dessen Tod im gleichen Jahr der tschechoslowakische Richter am Obersten Gerichtshof in Saarlouis Franz Vezensky, auf diesen 1932 bis 1935 der Jugoslawe Milovan Zoricic. Von Boch wurde schon 1920 während des Beamtenstreits durch den Bürgermeister von Saarlouis, Jakob Hector, ersetzt. Diesem folgte 1923 der Landrat von Saarlouis Julius Land und schließlich von 1924 bis 1935 der Präsident des Landesrats des Saargebietes, der Zentrumspolitiker Bartholomäus Kossmann.
Die Regierungskommission verfolgte unter Rault zunächst eine entschieden profranzösische Politik, die jedoch Widerstand seitens der saarländischen Bevölkerung und der politischen Parteien, aber auch Großbritanniens hervorrief. Durch einen Bergarbeiterstreik spitzte sich die Lage 1923 so sehr zu, dass die Tätigkeit der Regierungskommission vom Völkerbund untersucht wurde. Die Völkerbundsverwaltung und die Regierungskommission wurden daraufhin reformiert. So lag das Präsidium nach dem Ende der Amtszeit Raults beim britischen bzw. kanadischen Mitglied der Kommission. Dies führte zu einer Entspannung der Lage, obgleich immer wieder Konflikte zwischen Kommission und Bevölkerung sowie zwischen den involvierten Mächten auftraten.
Literatur
Abtrennung des Saargebiets von den Diözesen Trier und Speyer und Ernennung eines
Apostolischen Administrators; Schlagwort Nr. 1067.
Erster Saarländischer Katholikentag in Saarbrücken und Grundsteinlegung der
St. Michaelskirche auf dem Rotenberg am 3. Juni 1923; Schlagwort Nr. 12093.
SELBACH, Hans-Ludwig, Katholische Kirche und französische Rheinlandpolitik nach dem
Ersten Weltkrieg. Nationale, regionale und kirchliche Interessen zwischen Rhein, Saar
und Ruhr (1918-1924) (Libelli Rhenani. Schriften der Erzbischöflichen Diözesan- und
Dombibliothek zu rheinischen Kirchen- und Landesgeschichte sowie zur Buch- und
Bibliotheksgeschichte 48), Köln 2013, S. 322-411.
ZENNER, Maria, Parteien und Politik im Saargebiet unter dem Völkerbundsregime
1920-1935 (Veröffentlichungen der Kommission für saarländische Landesgeschichte und
Volksforschung 3), Saarbrücken 1966, S. 30-87, 420-423.