Katholisch-theologische Fakultät der Universität Straßburg

Die Reichsuniversität Straßburg wurde 1872 ein Jahr nach der Annexion des Elsass durch das Deutsche Reich gegründet. Da es sich bei ihr um ein nationales Prestigeobjekt mit protestantischer Prägung handelte, bestand erheblicher Widerwille des elsässischen Klerus gegen die Verlegung der diözesanen Priesterausbildung an eine katholisch-theologische Fakultät, denn das Grand Séminaire wurde als Stück elsässischer Identität betrachtet. Die Straßburger Bischöfe selbst nahmen eine neutrale bis ablehnende Haltung ein.
Gegen Ende des 19. Jahrhunderts entstanden Pläne, die Universität im Elsass besser zu integrieren und zugleich den Klerus mit Hilfe einer katholisch-theologischen Fakultät zu germanisieren. Aufgrund des Widerstands des örtlichen Klerus verhandelte die Reichsregierung seit 1898 im Geheimen direkt mit dem Heiligen Stuhl. Die Verhandlungen kamen mit dem Vertrag zwischen dem Heiligen Stuhl, vertreten durch Kardinalstaatssekretär Mariano Rampolla, und der Reichsregierung, vertreten durch den bayerischen Ministerpräsidenten Georg von Hertling, über die Errichtung einer theologischen Fakultät an der Universität Straßburg vom 5. Dezember 1902 zum Abschluss. Dieser Vertrag, mit dem die Kurie dem Staat wichtige Zugeständnisse abringen konnte, hatte die volle Rechtsbedeutung eines Konkordats. Als Konzession an die Kirche erhielt etwa der Ortsbischof einen relativ großen Einfluss auf die Berufung und eventuelle Abberufung der Professoren.
1903 wurde die Fakultät eröffnet. Hatte sie anfangs sechs Ordinarien, stieg ihre Anzahl bis 1918 auf zehn. Die deutschen Professoren mussten jedoch nach Wiederangliederung des Elsass' an Frankreich die Universität zumeist verlassen.
Quellen
Concordato per l'erezione della Facoltà teologica nell'Università di Strasburgo del 5 dicembre 1902, in: MERCATI, Angelo (Hg.), Raccolta di Concordati su materie ecclesiastiche tra la Santa Sede e le Autorità civili, Bd. 1: 1098-1914, Rom 21954, S. 1090 f.
Konvention, betreffend die Errichtung einer katholisch-theologischen Fakultät an der Kaiser-Wilhelms-Universität in Strassburg vom 5. Dezember 1902, in: SCHÖPPE, Lothar (Bearb.), Konkordate seit 1800. Originaltext und deutsche Übersetzung der geltenden Konkordate (Dokumente 35), Frankfurt am Main / Berlin 1964, S. 98 f.
WOLF, Hubert / UNTERBURGER, Klaus (Bearb.), Eugenio Pacelli. Die Lage der Kirche in Deutschland 1929 (Veröffentlichungen der Kommission für Zeitgeschichte A 50), Paderborn u. a. 2006, S. 190 f.
Literatur
GATZ, Erwin, Theologische Fakultät der Universität Straßburg, in: DERS. (Hg.), Priesterausbildungsstätten der deutschsprachigen Länder zwischen Aufklärung und Zweitem Vatikanischen Konzil. Mit Weihestatistiken der deutschsprachigen Diözesen (Römische Quartalschrift für christliche Altertumskunde und Kirchengeschichte, Supplementheft 49), Rom / Freiburg im Breisgau/ Wien 1994, S. 210 f.
ROTHER, Ulrike, Die theologischen Fakultäten der Universität Straßburg. Ihre rechtlichen Grundlagen und ihr staatskirchenrechtlicher Status von den Anfängen bis zur Gegenwart (Rechts- und Staatswissenschaftlichen Veröffentlichungen des Görres-Gesellschaft NF 84), Paderborn u. a. 2001, S. 191-255, 322-338.
WALTER, Peter, Die deutschsprachige Dogmatik zwischen den beiden Vatikanischen Konzilien untersucht am Beispiel der Ekklesiologie, in: WOLF, Hubert (Hg.), Die katholisch-theologischen Disziplinen in Deutschland 1870-1962. Ihre Geschichte, ihr Zeitbezug (Programm und Wirkungsgeschichte des II. Vatikanums 3), Paderborn u. a. 1999, S. 129-230, hier 194 f. u. 229 f., in: digi20.digitale-sammlungen.de (Letzter Zugriff am: 17.10.2014).
Empfohlene Zitierweise
Katholisch-theologische Fakultät der Universität Straßburg, in: 'Kritische Online-Edition der Nuntiaturberichte Eugenio Pacellis (1917-1929)', Schlagwort Nr. 11022, URL: www.pacelli-edition.de/Schlagwort/11022. Letzter Zugriff am: 23.11.2024.
Online seit 14.01.2013, letzte Änderung am 29.01.2018.
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