Besetzung der bischöflichen und erzbischöflichen Stühle in Österreich
Seit dem 15. Jahrhundert hatte sich infolge der Schwächung des Papsttums das landesherrliche Nominationsrecht bei der Besetzung der Bischofsstühle durchgesetzt. War es zunächst auf die Habsburgischen Stammlande beschränkt, wurde es ab dem Beginn der Frühen Neuzeit auf die böhmischen, ungarischen, galizischen und südslawischen Bistümer ausgeweitet. Dem Kaiser kam in diesen Bereichen die Ernennung eines Bischofskandidaten zu, der Papst hatte diese Wahl lediglich zu bestätigen bzw. gemäß den Vorschriften des Konzils von Trient die Rechtgläubigkeit des Kandidaten zu überprüfen.
Eine Ausnahme bildete der Salzburger Erzbischof, der seit dem frühen Mittelalter einen Sonderstatus innehatte. Ihm wurde von päpstlicher Seite die freie Wahl der seiner Metropole zugeordneten Suffraganbischöfe (zunächst Gurk, Chiemsee, Lavant, Seckau) zugestanden. Dieses freie Ernennungsrecht blieb mit der Ausnahme des Bistums Gurk bis zum Ende der Monarchie 1918 erhalten, auch wenn es immer wieder zu Spannungen mit Staat und Kirchenvolk kam.
Das kaiserliche Nominationsrecht wurde im Konkordat von 1855 erneut bekräftigt, wobei allerdings den Bischöfen ein Beratungsrecht eingeräumt wurde. Die in vielen Bereichen intensive Verzahnung von katholischer Kirche und österreichischem Staat trat auch an diesem Punkt besonders zutage. Der Kulturkampf in den 1870er Jahren hatte keinen Politikwechsel wie in anderen Bereichen (Finanzen, Ehe, Schulpolitik) zur Folge.
Allerdings wurden ab dieser Zeit kirchlicherseits Tendenzen erkennbar, die gesamtkirchliche Bestrebungen aufgriffen und die Bischofsernennungen in den Zuständigkeitsbereich des Papstes verlegen wollten (vgl. CIC/1917 can. 329).
Mit dem Ende der Monarchie und dem Aufbau einer demokratischen Republik in Österreich war für die ultramontane Lösung der Frage nach der Besetzung der Bischofsstühle eine vorteilhafte Ausgangslage entstanden. Eine wirkliche, staatskirchenrechtliche Regelung wurde allerdings erst im Konkordat vom 5. Juni 1933 vereinbart. Staat und Kirche einigten sich in Artikel IV Abs. 1 des Konkordats darauf, dass der Papst die Bischöfe frei ernennen durfte. In Abs. 2 wurde dem Kultusministerium und der Regierung durch die politische Klausel die Möglichkeit gegeben, binnen 15 Tagen ein Veto einzulegen, wenn allgemeine politische Bedenken gegen den vom Papst vorgeschlagenen Kandidaten bestanden. Eine Ausnahme bildete das traditionsreiche Erzbistum Salzburg: Dem dortigen Domkapitel wurde die Wahl des Erzbischofs zugestanden, die dann durch den Papst bestätigt werden sollte. Das Salzburger Privileg der Ernennung der Suffraganbistümer erlosch mit dem Konkordat.
Quellen
1917 Codex Iuris Canonicis, can. 329, in: www.jgray.org (Letzter Zugriff am: 14.06.2016).
Codex Iuris Senior, can. 329, in: www.catho.org (Letzter Zugriff am: 14.06.2016).
GASPARRI, Pietro (Hg.), Codex Iuris Canonici Pii X Pontificis Maximi iussu
digestus, Benedicti Papae XV auctoritate promulgatus, Rom 1917,
can. 329, in: www.archive.org (Letzter Zugriff am: 14.06.2016).
Literatur
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S. 173-175, 275-283.
MAYER, Gottfried, Österreich als "Katholische Großmacht". Ein Traum zwischen
Revolution und liberaler Ära, Wien 1989, S. 205-216.
PRIMETSHOFER, Bruno, Die Bischofsbestellungen seit dem Beginn der Neuzeit bis zur
Gegenwart, in: RADDATZ, Alfred, u. a. (Hg.), 11.-13. Symposion der
internationalen Kommission für vergleichende Kirchengeschichte Subkommission Österreich,
Wien 1997, S. 83-97.
SAURER, Edith, Die politischen Aspekte der österreichischen Bischofsernennungen
1867-1903, Wien / München 1968, S. 11-22.
ZIEGLER, Adolf Wilhelm, Das Verhältnis von Kirche und Staat in Europa, Bd. 2:
Religion, Kirche und Staat in Geschichte und Gegenwart, München 1972,
S. 78 f.