Fuldaer Bischofskonferenz 1926 vom 10.-12. August, Diskussion über die Verhandlungen über ein Konkordat mit Preußen
"Ew Excellenz
möchte ich, wiewohl Eminenz von Breslau gewiß offiziell noch berichtet, aus der Konferenz heraus ergebenst mitteilen, daß die Besprechung der Konkordatspunkte von erfreulichster Einmütigkeit getragen war. Zunächst machte Em. Bertram das Schreiben des Herrn Staatssekretärs Kard. Gasparri bekannt, das die Alleinkompetenz des Heil. Stuhls für die Konkordatsverhandlungen betont. Die Konferenz nahm das Schreiben mit innerer Zustimmung auf, fand es in der Form wohlwollend und nach seinem Inhalt hochwillkommen. Dann wurden die einzelnen Punkte durchgesprochen:
ad 1. Bischofswahlen. Der vorgesehene Modus fand sofort allgemeinen Anklang. Eminenz Bertram hielt es für richtig, daß bei Vakanzen nicht alle Bischöfe Preussens Vorschläge machen möchten, sondern nur die benachbarten, bzw. zur gleichen Kirchenprovinz gehörigen Bischöfe. Die Verhältnisse in den Diözesen könnten die weit voneinander wohnenden Ordinarien nicht beurteilen. Nähere Vorschläge wurden nicht gemacht. Weil ich es für verfrüht hielt, habe ich Abstand genommen zu sagen, welchen Modus ich mir für die bischöfliche Vakanz als gangbar denke. Es könnten bei Vakanzen in der niederrhein. Kirchenprovinz, zu der sich auch Osnabrück und Hildesheim beim Provinzialkonzil halten, die Konprovinzial-[14v]bischöfe still und ohne Sollennität zusammentreten und gemeinsam ihre Kandidaten zu Benennung derselben an den Heil. Stuhl aufstellen. Bei Vakanzen in der oberrhein. Kirchenprovinz würden nur Fulda und Limburg in Betracht kommen, aber auch der Herr Erzbischof von Freiburg im Breisgau hat als preußisches Gebiet das Hohenzollern-Ländchen. Daher könnte der genannte Erzbischof entweder mit Fulda oder mit Limburg, jenachdem der Vakanzfall liegt, zusammenkommen und das Kandidaten-Votum beschließen. Eine ähnliche Zusammenkunft sollte auch bei den Ordinarien des Ostens möglich sein, selbst dann, wenn die wünschenswerte kirchenprovinziale Neuordnung dort nicht kommen sollte. Einen derartigen Modus der Beteiligung der Ordinarien zu den Bischofswahlen würde ich einer Kandidatenbenennung seitens der einzelnen getrennten Ordinarien bei weitem vorziehen. Keinesfalls würde ich es für richtig halten, daß den Bischöfen freigestellt wird, ob sie ein Votum abgeben wollen oder nicht. Dann würden sie nämlich voraussichtlich sehr oft kein Votum abgeben, weil sie froh sind keine Verantwortung in so überaus folgenschwerer Sache übernehmen zu brauchen. Der Zweck würde also sehr oft gar nicht erreicht, den man mit der vorgesehenen Beteiligung der Bischöfe an den Bischofswahlen erreichen möchte.
ad 2. Kapitelergänzungen. Die vorgesehenen Punkte a) und b) und c) fanden eine fast vollkommene einheitliche Zustimmung, vor allem auch der Punkt b.) Es wurde bei diesem Punkt vorausgesetzt, daß die Ehrenkanoniker nicht bei der Befragung, sei sie [15r] 'audito capitolo', sei sie 'de consensu capitoli', sei sie wegen der Besetzung der Numerarkanonikate, sei sie wegen der Ehrenkanonikate beteiligt werden sollen. In Weiterführung dieses Gedankens kam man zur Ansicht, daß die besondere Berechtigung der Ehrenkanoniker, gemäß der Bulle 'de salute animarum' in den älteren preußischen Diözesen an den Bischofswahlen stimmberechtigt teilzunehmen, in Wegfall kommen möge. Auch könne die ohnehin geringe Remuneration der Ehrenkanoniker fortfallen, falls die Zahl der Ehrenkanoniker vermehrt bzw. die Einrichtung der Ehrenkanoniker in den neupreußischen Bistümern gemäß dem gemeinen Recht gestattet wird. – Eine Hindeutung, wie es mit der Besetzung der Domvikarien bzw. Dompräbenden werden soll, wurde von einem Ordinarius vermißt; die Konferenz war sonst in diesem Punkt nicht besonders lebhaft interessiert.
ad 3. Sogenannte politische Klausel. Allgemeine Zustimmung
ad 4. Eidesleistung. " "
ad 5. Pfarrämter. " "
ad 6. Schulfragen. " "
ad 7. Theologische Fakultäten. " "
ad 8. Vorbildung der Geistlichen. " "
ad 9. Dotation. ad a. u. b. " "
ad 10. Cirkumskription. Diese Frage wurde lebhaft erörtert. Eminenz Bertram selbst ging voran in Erörterung der Möglichkeit, Nützlichkeit, Notwendigkeit neuer Cirkumskription, freilich immer unter Anwendung potentialer Redeweise. Man kam überein, in den einzelnen Diözesen der Frage nachzugehen und dann gemäß [15v] dem neuen, eingangs erwähnten Schreiben des Herrn Kardinal-Staatssekretärs Euerer Excellenz eventuelle Cirkumskriptionswünsche zu unterbreiten.
Das ist im ganzen das Resultat der Konferenzbesprechung. Indem ich noch betone, daß ich diesen Bericht nur als ganz private Mitteilung angesehen haben möchtex), verbleibe ich in größter Ehrerbietung und herzlichster Verehrung
Euerer Ecellenz allzeit treu ergebenster
C J Card Schulte
x)- da die offizielle Berichterstattung ja Eminenz Bertram kompetiert -"
Quellen
Bertram an Pacelli vom 15. August 1926, in: HÜRTEN, Heinz (Bearb.), Akten
deutscher Bischöfe über die Lage der Kirche 1918-1933, Bd. 2: 1926-1933
(Veröffentlichungen der Kommission für Zeitgeschichte A 51), Paderborn u. a.
2007, Nr. 375, S. 758 f.
Schulte an Pacelli vom 11. August 1926; AAV,
Arch. Nunz. Berlino 83, fasc. 3, fol. 14r-15v.
Literatur
Fuldaer Bischofskonferenz; Schlagwort Nr. 6037.
Fuldaer Bischofskonferenz vom 10.-12. August 1926; Schlagwort
Nr. 1645.