Reform der Universitätstheologie
Diese Reformbestrebungen stellten neben den Bemühungen um ein neues Konkordat mit den neuen demokratischen Regierungen in den deutschen Ländern einen zentralen Punkt in der Mission Eugenio Pacellis als Nuntius dar. Pacelli selbst sah eine enge Verbindung zwischen einer Optimierung der theologischen Ausbildung und einem– aus römischer Sicht – besser qualifizierten und Rom treuer ergebenen Episkopat.
Ein Punkt, der im Vatikan besonders negativ wahrgenommen wurde, war die Tatsache, dass angehende Kleriker in Deutschland an staatlichen Universitäten bzw. philosophisch-theologischen Lyzeen ausgebildet wurden. Diese staatlich organisierte Ausbildung sah man als Eingriff in die Hoheitsrechte der Kirche an, die den Klerikernachwuchs lieber fern von vor allem nichtkatholischen Studierenden anderer Fakultäten in den Seminaren nach tridentinischenm Vorbild ausbilden wollte.
Als ersten Schritt wurde Pacelli ein Generalbericht aufgetragen, in dem er die Situation der Priesterausbildung in Deutschland schildern sollte. Für diese Ist-Stand-Analyse wurde 1917 allen deutschen Bischöfen ein Fragebogen geschickt, in dem sie zur universitären Theologie Stellung nehmen sollten, wobei diese Maßnahme in Zukunft regelmäßig wiederholt werden sollte (Dokument Nr. 5530). Die von Pacelli erhobenen Veränderungsvorschläge (Dokument Nr. 3420) wurden von der römischen Studienkongregation 1921 in einen Geheimerlass an die deutschen Bischöfe eingearbeitet (Dokument Nr. 11986). Dabei wurden aber aus Rücksicht auf die deutschen Bischöfe keine Maximalforderungen, wie etwa die Aufhebung der staatlichen Fakultäten erhoben.
Da die Umsetzung der Vorgaben gerade in Deutschland nur schleppend voran ging, wurden zwischen 1924 und 1927 Verschärfungen formuliert. So wurden etwa zukünftige Exegeten des Alten und Neuen Testaments, die eine Professorenlaufbahn im Sinn hatten, ab 1924 verpflichtet, am römischen Bibelinstitut zu studieren. Darüber hinaus wurde der Geheimerlass 1927 um die Vorgaben erweitert, dass die Nihil-obstat-Untersuchungen durch die Bischöfe verschärft werden sollten und die Bischöfe alle drei Jahre einen Rechenschaftsbericht an die römische Studienkongregation einzureichen hatten.
Den Höhepunkt fanden die Reformbestrebungen der römischen Kurie hin zu einer römisch-zentralistischen, neuscholastisch-thomistischen Theologie, die über die Landesgrenzen vergleichbar sein sollte, im Blick auf die weltweite Kirche in der Apostolischen Konstitution "Deus scientiarum Dominus" vom 24. Mai 1931. Diese setzte unter anderem auf eine Verlängerung der Studiendauer, Latein als Unterrichtssprache und eine starke Gewichtung der scholastisch-spekulativen Theologie.
Literatur
UNTERBURGER, Klaus, Vom Lehramt der Theologen zum Lehramt der Päpste? Pius XI.,
die Apostolische Konstitution "Deus scientiarum Dominus" und die Reform der
Universitätstheologie, Freiburg im Breisgau / Basel / Wien 2010, besonders
S. 239-290, 338-340.