Badische Verfassung vom 21. März 1919

Nachdem sich im Zuge der Revolution in Baden ein Kabinett unter dem Sozialdemokraten Anton Gieß gebildet hatte und Zentrum, SPD und DDP in den Wahlen zur Verfassunggebenden Nationalversammlung am 5. Januar 1919 nahezu alle Wählerstimmen auf sich vereinigen konnten, wurde am 25. März 1919 die neue Verfassung vom 21. März beschlossen. Diese wurde als einzige der damaligen Landesverfassungen am 13. April 1919 einem Plebiszit unterworfen und trat am 23. April 1919 in Kraft.
Zwar vor der Reichsverfassung zustande gekommen, entsprach die badische Verfassung dennoch den insbesondere in Artikel 17 WRV – "Jedes Land muß eine freistaatliche Verfassung haben. Die Volksvertretung muß in allgemeiner, gleicher, unmittelbarer und geheimer Wahl von allen reichsdeutschen Männern und Frauen nach den Grundsätzen der Verhältniswahl gewählt werden. Die Landesregierung bedarf des Vertrauens der Volksvertretung." – festgelegten Grundsätzen, so dass sie nach dem 14. August 1919 nicht verändert werden musste.
Der Landtag wurde für vier Jahre in allgemeiner, gleicher und geheimer Wahl vom Volk gewählt. Weder durch sich selbst noch durch Regierung konnte er aufgelöst werden. Dies war nur durch Volksabstimmung möglich (§ 46). Anders als in allen anderen Landesverfassungen war der Landtag zur Wahl aller Minister berechtigt. Das aus den Ministern bestehende Staatsministerium hatte einen eigenen Präsidenten, der die Bezeichnung "Staatspräsident" trug und alljährlich vom Landtag zu wählen war (§ 52). Einzelne Minister oder auch das ganze Staatsministerium konnten vom Landtag abberufen werden (§ 53). Die Gesetzgebung lag beim Landtag; ein Notverordnungsrecht des Staatsministeriums bestand nur bei nichtversammeltem Landtag (§ 56).
Die § 18 und 19 behandelten die Religion und das Schulwesen: Gewissens- und Bekenntnisfreiheit wurden garantiert und staatlich anerkannten Religionsgemeinschaften der Status von Körperschaften öffentlichen Rechts zugesprochen, wodurch ihnen ein Besteuerungsrecht zukam. Bis auf Privatpatronate sollten alle Kirchenämter durch die Kirche selbst verliehen werden. Die Kirchengüter wurden garantiert.
Die Schulaufsicht lag zwar beim Staat, die Leitung des Religionsunterrichts oblag hingegen den religiösen Gemeinschaften im Rahmen des Schulgesetzes. Jedoch durften weder Lehrer noch Schüler (gegen die religiöse Überzeugung ihrer Erziehungsberechtigten) zur Erteilung von bzw. Teilnahme am Religionsunterricht gezwungen werden. Dasselbe galt für kirchliche Handlungen. Nichtstaatliche Bildungsanstalten waren zwar prinzipiell zugelassen, das galt allerdings nicht für neue nichtstaatliche Volksschulen.
Quellen
RUTHENBERG, Otto (Bearb.), Verfassungsgesetze des Deutschen Reichs und der deutschen Länder. Nach dem Stande vom 1. Februar 1926. Text nebst Materialien, Schrifttum und einem ausfuehrlichen Sachverzeichnis, Berlin 1926, S. 51-63.
Badische Verfassung vom 21. März 1919, in: Badisches Gesetz- und Verordnungsblatt 1919, Nr. 18, S. 279-294.
Badische Verfassung vom 21. März 1919, in: WITTRECK, Fabian (Hg.), Weimarer Landesverfassungen. Die Verfassungsurkunden der deutschen Fürstenstaaten 1918-1933. Textausgabe mit Sachverzeichnis und einer Einführung, Tübingen 2004, S. 79-100.
Literatur
BECKER, Josef, Badische Geschichte. Vom Großherzogtum bis zur Gegenwart, Stuttgart 1979.
BRANDT, Peter / RÜRUP, Reinhard, Volksbewegung und demokratische Neuordnung in Baden 1918/19. Zur Vorgeschichte und Geschichte der Revolution, Sigmaringen 1991, S. 12-127.
HUBER, Ernst Rudolf, Deutsche Verfassungsgeschichte seit 1789, Bd. 4: Die Deutsche Reichsverfassung, Stuttgart u. a. 1981, S. 795.
ZEHNTER, Johann Adolf, Die Badische Verfassung vom 21. März 1919. Mit einer Vorgeschichte und Anmerkungen, Mannheim 1919.
Empfohlene Zitierweise
Badische Verfassung vom 21. März 1919, in: 'Kritische Online-Edition der Nuntiaturberichte Eugenio Pacellis (1917-1929)', Schlagwort Nr. 2117, URL: www.pacelli-edition.de/Schlagwort/2117. Letzter Zugriff am: 19.04.2024.
Online seit 04.06.2012, letzte Änderung am 02.07.2012.
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