Besetzung der bischöflichen und erzbischöflichen Stühle in Frankreich
Aufgrund des Durchschnittsalters des französischen Episkopats trafen der Heilige Stuhl und der erste Nuntius in Frankreich nach Wiederaufnahme diplomatischer Beziehungen, Bonaventura Ceretti, ab 1921 Vorkehrung, um den neuen Ernennungsmodus zu etablieren. Ziel gerade Kardinalstaatssekretär Gasparris war der Aufbau eines gemäßigteren Episkopats, der sowohl Rom als auch dem demokratischen französischen Staat gegenüber loyal auftrat. Den Hintergrund der Ernennungspolitik bildete die Verstrickung des Großteils der bisherigen Bischöfe in die rechts-konservative Action française, die nicht nur versuchte, die Laizismusgesetze zu bekämpfen, sondern auch die Republik, die sie durch die Restauration der Monarchie beseitigen wollte. Da die Bewegung auch rassistischen, ultranationalistischen und modernistischen Franzosen eine Heimat bot, kam es zu einer immer stärkeren Ablehnung durch den Heiligen Stuhl, der 1926 die Mitgliedschaft mit der Strafe der Exkommunikation belegte. Da Gasparri das Bistumsbesetzungsverfahren mit Hilfe der Kongregation für die Außerordentlichen Kirchlichen Angelegenheiten maßgeblich bestimmte, verdrängte diese mehr und mehr die eigentlich zuständige Konsistorialkongregation. Eine besondere Stellung kam hier dem Nuntius zu, der mit der Suche nach geeigneten Kandidaten betraut wurde. Ceretti legte hierfür den Grundstein, während es unter seinem Nachfolger Luigi Maglione (ab 1926) verstärkt zur Durchsetzung dieser Ernennungspolitik kam.
Trotz der weitgehenden Eigenverantwortung der Kirche in den Besetzungsangelegenheiten stand gemäß der Vereinbarung von Doulcet (1921) dem Staat ein Vetorecht für den Fall zu, dass politische Gründe gegen eine Besetzung sprachen. Gleiches galt für die Berufung von Koadjutoren und Apostolischen Administratoren. Bei der Ernennung der Weihbischöfe wurde der Regierung lediglich die Berufung mitgeteilt.
Bei der Auswahl der Kandidaten achtete vor allem Maglione auf deren Ausbildung, deren Treue gegenüber Rom und deren Einsatz für einen französischen Katholizismus jenseits monarchistischer Bestrebungen. Gerade die ehemaligen Studenten des Seminars St. Sulpice in Paris wurden besonders gerne herangezogen, so z. B. die beiden späteren Kardinäle Achille Liénart und Emmanuel Suhard. Die Schüler des Séminaire français in Rom, das bis dato als Kaderschmiede des französischen Klerus gegolten hatten, wurden dagegen deutlich weniger herangezogen, da durch den Leiter des Seminars, Henri Le Floch, sehr starker Kontakt zur Action française bestanden hatte.
Literatur
BOUDON, Jacques-Olivier, L'épiscopat français à l'époque concordataire (1802-1905).
Origines, formation, nomination, Paris 1996.
LE MOIGNE, Frédéric, L'épiscopat français après la condamnation de L'Action française.
Stratégie du nonce Maglione dans les nominations d'évêques (1927-1937), in: PRÉVOTAT,
Jacques (Hg.), Pie XI. et la France. L'Apport des archives du pontificat de Pie XI.
à la connaisance des rapports entre le Saint-Siège et la France, Rom 2010,
S. 183-203.