Päpstliche Bibelkommission
Das für die authentische Interpretation der kirchlichen Lehre zuständige Heilige Offizium hatte sich spätestens 1897 bei Frage nach der Echtheit des Comma Ioanneum – eines nach heutiger Communis opinio für unecht anzusehenden Satzteils im 1. Johannisbrief – als in exegetisch-textkritischen Fragen inkompetent erwiesen.
Dies war einer der Auslöser für die Gründung der päpstlichen Bibelkommission (Pontificia Commisio de re biblica) durch Leo XIII. im Jahre 1902. Die Kommission sollte nach Willen des Papstes die effektive Überwachung der katholischen Exegese mit der richtungsweisenden Förderung der Bibelstudien verbinden. Noch heute hat sie ihren Sitz im Palast des Heiligen Offiziums. Sie bestand aus einer wechselnden Anzahl von Kardinälen, 40 beratenden Experten und zwei Sekretären. Des Weiteren hatte sie seit dem 23. Februar 1904 das Recht, akademische Grade zu verleihen.
Leo XIII. selbst war noch um einen Ausgleich der Schulrichtungen in der Kommission bemüht. So nahm der moderate P. David Fleming OFM (1851-1915) die Position eines Sekretärs ein. Unter Pius X. kam es aber zu einer reaktionären Wende. Gemäßigte Mitglieder wurden nach und nach entfernt – so wurde Fleming durch den neuthomistischen Scharfmacher Laurentius Janssens OSB (1855-1925) ersetzt – und die Kommission fällte eine reaktionäre Entscheidung nach der anderen. Zwischen dem Motu Proprio "Praestantia Scripturae" vom 18. November 1907 und der Instruktion "Sancta mater ecclesia" vom 21. April 1964 wurden kritische Fragen mit der Autorität des kirchlichen Lehramts mit nur geringen Argumenten entschieden. Kurz vor dem Antimodernisteneid vom 1. September 1910 wurde von Pius X. darüber hinaus ein Eidesformular erlassen, das alle Exegesedozenten verpflichtete, auf die Entscheidungen der Bibelkommission und die Enzyklika "Providentissimus Deus" vom 18. November 1893, in der die rationalistische Exegese abgelehnt und Inerranz und Inspiration der Heiligen Schrift festgeschrieben wurden, zu schwören.
Nach dem Tod Pius' X. entschied die Bibelkommission, die seit 1914 unter dem Vorsitz des energisch-einflussreichen Propagandapräfekten Willem Marinus van Rossum C.SS.R. (1854-1932) stand, kaum noch strittige Fragen definitiv. Sie sollte nach dem Willen Pius' XI. nunmehr etwa mittels ihres Promotionsrechts eine eher positive Rolle bei der Förderung der exegetischen Studien spielen.
In Folge des Zweiten Vaticanums 1971 wurde die Bibelkommission von Paul VI. grundlegend reformiert.
Quellen
Enchiridion Biblicum. Documenta ecclesiastica sacram scripturam spectantia.
Auctoritate Pontificiae Commissionis de re biblica edita, Rom 11927, Rom
41961.
Literatur
HÖPFL, Hildebrand, Bibelkommission, in: Lexikon für Theologie und Kirche 2 (1931), Sp. 286.
Päpstliche Bibelkommission, in: www.vatican.va (Letzter Zugriff am: 22.06.2012).
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