Priesterausbildung
Ab dem 19. Jahrhundert geriet das Nebeneinander von Priesterseminar und Universität vor allem in den deutschen Gebieten immer wieder in die Kritik. Gegner eines Theologiestudiums an staatlichen Universitäten sahen in diesen einen Hort des liberalen Zeitgeistes, der den Priesternachwuchs verderbe. Das Idealbild dieser Gruppe von Theologen bestand in einer allein auf das Seminar ausgerichteten Priesterausbildung, wobei sie das Seminardekret von Trient als vermeintliche Legitimation verwendeten. Sie interpretierten das Konzilsdokument dahingehend, dass mit der Einführung der Priesterseminare die universitäre Ausbildung des Priesternachwuchses obsolet geworden sei. Die Vertreter dieser Strömung konnten sich jedoch nicht durchsetzen, da weder die römische Stellen, noch die Vertreter auf staatlicher Seite einen solchen Rückzug in eine isolierte Priesterausbildung befürworteten. Die Vorstellung des sogenannten "tridentinischen Seminars" blieb jedoch weiterhin in der Diskussion um die Ausbildung der Theologen präsent und diente bis ins 20. Jahrhundert als idealer Gegenentwurf der Kritiker der Universitätstheologie.
Schließlich hatte sich die Situation aus Sicht der Befürworter des "tridentinischen Seminars" zu Beginn des 19. Jahrhunderts verschärft: Mit der Säkularisation von 1803 ging das gesamte Bildungswesen in den Zuständigkeitsbereich des Staats über, wodurch der Status der theologischen Ausbildung an den Katholisch-Theologischen Fakultäten neu geklärt werden musste. Die theologische Ausbildung wurde unter staatliche Aufsicht gestellt, wobei die einzelnen deutschen Staaten den Fortbestand von katholischen Fakultäten bzw. Seminaren (auch Lyzeen genannt) zur theologischen und philosophischen Ausbildung garantierten. So wurde etwa im Bayerischen Konkordat von 1817 der Kirche der Fortbestand der beiden Katholisch-Theologischen Fakultäten an den Universitäten Ingolstadt (ab 1826 München) und Würzburg sowie die Errichtung von Lyzeen in jedem Bistum des Königreichs zugesichert. Im Preußischen Staatsgebiet galt die Zusicherung des Bestandes der katholischen Bildungseinrichtungen ab 1844 und es gab Katholisch-Theologische Fakultäten in Bonn, Braunsberg, Breslau, Münster und später in Straßburg. Hinzu kamen die Katholisch-Theologischen Fakultäten in Freiburg im Breisgau und Tübingen (Württemberg). Dabei kam dem Heiligen Stuhl und den Bischöfen einerseits durch die Erteilung des "nihil obstat" ein Mitbestimmungsrecht bei der Besetzung von Lehrstühlen zu. Andererseits konnten sie die Posten nicht frei besetzen und die Professoren erhielten ihr Gehalt vom Staat, wodurch sie abhängig vom Staat bzw. unabhängig von den kirchlichen Autoritäten wurden. Die Pristerseminare dienten in den meisten Diözesen nur noch für eine ein- bis zweijährige praktisch-pastorale Ausbildung im Anschluss an das Studium.
Daneben stellte sich zunehmend die Frage nach den Lerninhalten und Methoden, weswegen der Heilige Stuhl in den 1920er Jahren eine Reform der Universitätstheologie anstrebte, für die sich auch Pacelli einsetzte. Die Heilige Kongregation für die Seminare und die Studieneinrichtungen kritisierte die mangelnde scholastisch-philosophische und dogmatische Ausbildung, den Einfluss der evangelischen Theologie, beispielsweise im Bereich der Exegese und der Philosophie, die Kirchengeschichte sowie das grundlegende Wissenschaftsverständnis, Theologie um ihrer selbst willen zu betreiben. Das Ziel war vielmehr ein neuscholastische Theologie, die im Dienst des Lehramts, also des Papstes und der Bischöfe stand und dieses legitimierte.
Den Höhepunkt fanden die Reformbestrebungen der römischen Kurie hin zu einer römisch-zentralistischen, neuscholastisch-thomistischen Theologie, die über die Landesgrenzen vergleichbar sein sollte, im Blick auf die weltweite Kirche in der Apostolischen Konstitution "Deus scientiarum Dominus" vom 24. Mai 1931. Diese setzte unter anderem auf eine Verlängerung der Studiendauer, Latein als Unterrichtssprache und eine starke Gewichtung der scholastisch-spekulativen Theologie.
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