Fuldaer Bischofskonferenz 1867 vom 16.-21. Oktober
Im Nachgang zur ersten Konferenz der deutschsprachigen Bischöfe 1848 in Würzburg hatte der Episkopat an der Einheitsidee eines großdeutschen Staates, der die Gebiete Preußens, Österreichs und der Mittelstaaten einschloss, festgehalten. Allerdings war durch politische Entscheidungen, den Deutschen Krieg 1866 und die Errichtung des Deutschen Bundes unter Führung Preußens die großdeutsche staatliche Einigung gescheitert. Um trotzdem die katholischen Anliegen durchsetzungsstark gegenüber einem protestantisch dominierten Staatenbund zu vertreten, blieb die Idee einer Bischofsversammlung aktuell. Anlässlich der Feierlichkeiten des 1800. Jubiläums des Martyriums der Apostel Petrus und Paulus, die in Anwesenheit der deutschen und österreichischen Bischöfe 1867 in Rom stattfanden, verständigten sich diese darauf, eine erneute deutschsprachige Bischofskonferenz einzuberufen. Entscheidend für diesen Entschluss war auch die Ankündigung des Ersten Vatikanischen Konzils für das Jahr 1870. Der Salzburger Fürsterzbischof und Primas Germaniae Tarnoczy lud den Episkopat für den Oktober nach Fulda ein, um gemeinsam die drängenden Zeitfragen zu besprechen. Die Wahl Fuldas als Tagungsort hatte durchaus symbolischen Charakter, da dort die Grabstätte des heiligen Bonifatius, des Apostels der Deutschen, verehrt wird.
Angesichts des geschlossenen Auftretens der Bischöfe anderer Länder und der von der Konzilskongregation versandten Vorbereitungsdokumente für das Konzil wurde die Tagesordnung für die Versammlung erarbeitet. Die kurialen Stellen, die bald von der geplanten Konferenz erfahren hatten, sahen darin eine Gefahr für die Einheit der Kirche, da sich hier Bischöfe verschiedener Staaten ohne römische Billigung zusammenschließen wollten. Tarnoczy und dem Wiener Kardinal Rauscher gelang es jedoch, die Bedenken der Kurie zu zerstreuen. Pius IX. richtete vielmehr ein Breve an die Bischöfe, in dem er, um von der Konzilsvorbereitung abzulenken, die Notwendigkeit der Behandlung von Fragen der Beziehungen zwischen Staat und Kirche betonte.
Kurz vor der Konferenz teilten jedoch die österreichischen Bischöfe mit, dass sie nicht teilnehmen konnten: Der Konflikt um das 1855 geschlossene österreichische Konkordat machte die Präsenz des Episkopats in ihren Heimatdiözesen notwendig. Daher tagten in Fulda lediglich 20 deutsche Bischöfe, darunter die Erzbischöfe von München und Freising, Köln und Bamberg sowie die Bischöfe von Fulda, Breslau, Passau, Regensburg, Augsburg, Paderborn, Osnabrück, Mainz, Hildesheim, Würzburg und Eichstätt, die Apostolischen Vikare von Sachsen und Luxemburg sowie Vertreter der Bischöfe von Freiburg, Speyer und Kulm. Zum Vorsitzenden wurde der Kölner Erzbischof Melchers gewählt. Auch wenn die gemäßigt ultramontan eingestellten Bischöfe nicht daran interessiert waren, eine starke Nationalkirche als Gegengewicht zu Rom zu bilden, wollten sie doch erreichen, dass der Episkopat mit einer Stimme sprach. Um deshalb eine erneute Zersplitterung, wie nach 1848 geschehen, zu vermeiden, wurden rechtliche Grundlagen erlassen, die die Fuldaer Bischofskonferenz als Institution festigten. In einer aus 13 Artikeln bestehenden provisorischen Geschäftsordnung einigten sich die Teilnehmer auf den Zweck, den Verfahrensmodus und die Häufigkeit der Konferenz. Diese sollte alle zwei Jahre in Fulda stattfinden und dazu dienen, dass sich die Bischöfe besser kennenlernen und zu wichtigen Themen austauschen konnten. Um nicht erneut den Argwohn der Kurie zu erregen, verzichteten sie darauf, die Kompetenzen der Bischofskonferenz zu formulieren. So wurde alles vermieden, was die Bischofskonferenz in die Nähe einer Synode oder eines Nationalkonzils brachte. Der Vorsitzende sollte außerdem nicht auf Dauer - wie etwa ein nationaler Primas - gewählt sein, sondern am Ende einer Konferenz bereits für die nächste Versammlung neu gewählt werden. Die Tagesordnung sollte in ihren Grundzügen ebenfalls am Ende einer jeden Konferenz bereits für die nächste Zusammenkunft festgelegt werden. Außerdem stellten es sich die Bischöfe frei, Theologen und andere Sachverständige zu den Beratungen einzuladen.
Auch wenn sich die Bischöfe verpflichteten, in Zukunft alle Beschlüsse und Protokolle an den Heiligen Stuhl weiterzuleiten, unterließen sie es, die Geschäftsordnung von der Kurie approbieren zu lassen. Diese Geschäftsordnung, die das erste Statut einer nationalen Bischofskonferenz überhaupt darstellte, sollte auf der nächsten Konferenz 1869 noch einmal überarbeitet werden.
Weitere Themen der Fuldaer Bischofskonferenz 1867 waren die Laienbewegungen, das Projekt der Gründung einer katholischen Universität, die katholische Presse, das Schulwesen und die sich neu formierende Zentrumspartei. Die vom Papst empfohlenen Themen wurden nur teilweise behandelt.
Quellen
Geschäftsordnung für die bischöflichen Conferenzen, in: Actenstücke betreffend
die Fuldaer Bischofs-Conferenzen 1867-1888. Auf Veranlassung der Hochwürdigsten Herren
Conferenz-Mitglieder zu deren Gebrauch gesammelt und als Manuscript gedruckt, Köln 1889, S. 9f.
Die Verhandlungen der I. Bischofs-Conferenz, in: Actenstücke betreffend
die Fuldaer Bischofs-Conferenzen 1867-1888. Auf Veranlassung der Hochwürdigsten Herren
Conferenz-Mitglieder zu deren Gebrauch gesammelt und als Manuscript gedruckt, Köln 1889, S. 10-13.
Literatur
Geschichte der Deutschen Bischofskonferenz, in: www.dbk.de (Letzter Zugriff am: 2015-04-17), S. 3-4.
Fuldaer Bischofskonferenz; Schlagwort Nr. 6037.
LILL, Rudolf, Die ersten deutschen Bischofskonferenzen (Fortsetzung), in: Römische
Quartalschrift 60 (1965), S. 1-75, hier 1-17.
GATZ, Erwin, Zur Entwicklung der Fuldaer und der Österreichischen Bischofskonferenz.
Von ihren Anfängen bis zum Ersten Weltkrieg, in: Römische Quartalschrift 99 (2003),
S. 103-116, hier 107-108.