Würzburger Bischofskonferenz im Oktober und November 1848
Am 1. Oktober 1848 versandte der Kölner Erzbischof Johannes von Geissel, einer der Hauptinitiatoren, Einladungen an seine eigenen Suffragane, an die Erzbischöfe von Salzburg, München-Freising, Bamberg, Freiburg im Breisgau und Gnesen-Posen sowie an ihre jeweilen Suffragane, sowie an die exempten Bischöfe von Ermland, Hildesheim und Osnabrück (Personalunion) und die Apostolischen Vikare von Sachsen und Roermond. Fast alle deutschen Bischöfe kamen, dazu aus Österreich der Salzburger Erzbischof sowie Vertreter der Erzbischöfe von Olmütz und Brixen. Die Erzbischöfe von Prag und Gnesen-Posen sagten wegen der dort herrschenden nationalen Spannungen ab. Der Apostolische Vikar von Roermond musste auf Druck der niederländischen Regierung verzichten.
An den Beratungen der am 23. Oktober beginnenden Konferenz nahmen auch nichtbischöfliche Theologen teil, sie hatten aber kein Stimmrecht. Laien waren nicht direkt beteiligt, nahmen aber mitunter indirekt – etwa über Gutachten – Einfluss. Den Vorsitz führte Geissel. Der Münchener Erzbischof Karl August von Reisach hielt den Münchener Nuntius Carlo Sacconi im Geheimen über den Fortgang der Konferenz auf dem Laufenden. Die wichtigsten Verhandlungsgegenstände waren: 1. Verhältnis von Kirche und Staat, Patronat und Pfarrbesetzungen sowie Plazet, 2. Schulwesen, Unterrichtsfreiheit, Stellung des Religionsunterrichts, 3. Geistliche Bildungsanstalten, Ausbildung des Klerus, staatliche Prüfungen der Geistlichen, Stellung der Theologieprofessoren zu den Bischöfen, 4. Verwaltung des Kirchenvermögens und 5. engere Verbindung des deutschen Episkopats, Plan eines Nationalkonzils, von Provinzial- und Diözesansynoden. Zwar kam die Gründung einer deutschen Nationalkirche nicht zustande, dafür aber eine wichtige Denkschrift der Bischöfe an die Regierungen und die Öffentlichkeit. Sie forderten darin die volle Kirchenfreiheit, wandten sich aber zugleich gegen eine Trennung von Kirche und Staat.
Papst Pius IX., der die Zentralisierung der katholischen Kirche entschieden vorantrieb, lobte im Mai 1849 in einem Breve an den Salzburger Erzbischof Friedrich Kardinal zu Schwarzenberg zwar den Geist und die Beschlüsse der Konferenz, die Zeit für eine Nationalsynode hielt er aber nicht für reif. Auch gegen Diözesansynoden wandte er sich, stattdessen sollten Provinzialsynoden durchgeführt werden. Diese nahmen in den Folgejahren einen vorübergehenden Aufschwung. Eine deutsche Bischofskonferenz fand erst wieder 1867 statt, etablierte sich aber in der Folge. In den Auseinandersetzungen zwischen Kirche und Staat blieben die Würzburger Forderungen dagegen auch in der Folgezeit ein zentraler Referenzpunkt.
Quellen
Beschlüsse der in Würzburg versammelten Erzbischöfe und Bischöfe Deutschlands vom
Oktober / November 1848, in: HUBER, Ernst Rudolf / HUBER, Wolfgang (Hg.), Staat und
Kirche im 19. und 20. Jahrhundert. Dokumente zur Geschichte des deutschen
Staatskirchenrechts, Bd. 2: Staat und Kirche im Zeitalter des
Hochkonstitutionalismus und des Kulturkampfs 1848-1890, Darmstadt 22014,
Nr. 6, S. 15-21.
Denkschrift der in Würzburg versammelten Erzbischöfe und Bischöfe Deutschlands vom
14. November 1848, in: HUBER, Ernst Rudolf / HUBER, Wolfgang (Hg.), Staat und
Kirche im 19. und 20. Jahrhundert. Dokumente zur Geschichte des deutschen
Staatskirchenrechts, Bd. 2: Staat und Kirche im Zeitalter des
Hochkonstitutionalismus und des Kulturkampfs 1848-1890, Darmstadt 22014,
Nr. 7, S. 21-28.
Literatur
Geschichte der Deutschen Bischofskonferenz, in: www.dbk.de (Letzter Zugriff am: 23.08.2016).
LILL, Rudolf, Die ersten deutschen Bischofskonferenzen, in: Römische Quartalschrift
für christliche Altertumskunde und Kirchengeschichte 59 (1964), S. 127-185.
VIAF:
242741344