Dokument-Nr. 12111
Rogler, Johann an Benedikt XV.
Stuttgart, 14. März 1921

Anlage, Schreiben, Hds.

Protokollnummer
Archivsignatur	AAV, Arch. Nunz. Berlino 62, fasc. 4, fol. 3rv.

Allerehrwürdigster Vater!
Der in seinen Nachwirkungen so schreckliche Weltkrieg hat die deutschen Kolonisten des Schwarzmeergebiets besonders schwer getroffen. Haben Sie schon während desselben empfindlich zu leiden gehabt, so sollte der Ausbruch des Bolschewismus ihr Elend nur noch steigern, indem ihrer letzten Habe beraubt, zu Hunderten in bestialischer Weise ermordet und zu Tode gequält wurden. Viele Tausende sind den Seuchen oder dem Hunger erlegen. Die Zahl der Witwen und Waisen ist groß.
Einem geringen Teil der Kolonisten ist es gelungen, unter Zurücklassung ihrer ausgeraubten, teils zerstörten, teils eingeäscherten Gehöfte, unter unsäglichen Mühsalen ins Ausland zu fliehen, wo sie in der Zerstreuung ein jammervolles, jeder Beschreibung spottendes Dasein fristen, wie z. B. in Konstantinopel, Serbien, Bulgarien und anderen Ländern; ebenso befinden sich die in Deutschland wohnenden Flüchtlinge in einer bedrängten Lage.
Der Verband der deutschen Schwarzmeerkolonisten in Deutschland, bestehend aus katholischen und evangelischen¹ deutschen Flüchtlingen, mit seiner Zentrale in Stuttgart, Kornbergstraße 22, hat sich als Hauptzweck die Unterstützung der notleidenden Landsleute gesetzt. Von den ck. 200.000 katholischen² Vereinsgenossen im Schwarzmeergebiet (Diözese Sr. Hochehrwürden Bischof Joseph Kessler) befinden sich zur Zeit einige Tausend auf der Flucht, die großen Mangel am Allernotwendigsten leiden³.br/>In Anbetracht der trostlosen Lage dieser Ärmsten der

3v

Armen wagt es der Verein der Schwarzmeerkolonisten Eure Heiligkeit um Beistand und Unterstützung der katholischen Glaubensgenossen aus dem Schwarzmeergebiet⁴ demütigst anzuflehen, indem er zuversichtlich hofft, von Eurer Heiligkeit Gehör zu finden.
In aller Demütigkeit
Vorsitzender Joh. Rogler

3v, unterhalb des Textes hds. in blauer Farbe von unbekannter hand notiert, vermutlich vom Empfänger: "10.000".

1↑"katholischen und evangelischen" hds. unterstrichen von unbekannter Hand, vermutlich vom Empfänger.

2↑"200.000 katholischen" hds. unterstrichen von unbekannter Hand, vermutlich vom Empfänger.

3↑"mit seiner […] Allernotwendigsten leiden" am linken Seitenrand von unbekannter Hand markiert, vermutlich vom Empfänger.

4↑"Beistand […] Schwarzmeergebiet" hds. in brauner Farbe unterstrichen von unbekannter Hand, vermutlich vom Empfänger.

Empfohlene Zitierweise

Rogler, Johann an BenediktXV. vom 14. März 1921, Anlage, in: 'Kritische Online-Edition der Nuntiaturberichte Eugenio Pacellis (1917-1929)', Dokument Nr. 12111, URL: www.pacelli-edition.de/Dokument/12111. Letzter Zugriff am: 26.04.2024.

Online seit 14.05.2013, letzte Änderung am 24.10.2013.