Dokument-Nr. 19511
Berg, Ludwig an Pacelli, Eugenio
Aachen, 24. April 1928

Exzellenz!
Nachdem der ehrerbietigst gehorsamst Unterzeichnete seit dem 1. Juli vergangenen Jahres wieder seine frühere Lehrtätigkeit an der höheren Schule zu Aachen aufgenommen hat, drängt es ihn in glücklicher Erinnerung an seine 2 1/2 jährige Tätigkeit in der russischen Emigrantenfürsorge in Berlin Eurer Exzellenz Nachstehendes zu unterbreiten:
1) Der in dem Schreiben Eurer Exzellenz vom 24. März 1927 gegebenen Anregung entsprechend wurden literarische Arbeiten nach Kräften von Aachen aus erledigt. Schreiben: Apostolische Nuntiatur, Berlin, Nr. 37136, 24. März 1927: "Ihre Lehrtätigkeit in Aachen werde Ihre intellectuelle und literarische Arbeit zum Heile der russischen Seelen eher noch erleichtern als hindern."
Ein längerer Aufsatz "Russische Neuorientierung und Kirchenunion" steht in der nächsten Nummer der Winfriedbund-Zeitschrift "Die Friedensstadt". Einen anderen längeren Artikel "Russische Seele – katholischer Geist" wird die Zeitschrift des Kathol. Akademiker–Verbandes bringen. Kleinere Artikel und Notizen gingen den Tageszeitungen zu.
2) Einladungen aus Aachen und von auswärts entsprechend wurden Vorträge vor allem über Russische kirchliche Verhältnisse und Unionsbestrebungen gehalten. Anschliessende Aussprachen zeigten bei den Geistlichen und beim Volk einerseits großes Interesse anderseits eine auf-
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fallend starke Unkenntnis in diesen vitalen kirchlichen Fragen.
3) Ein umfangreiches Manuskript (c. 50 Druckseiten) des kürzlich mit seinen Angehörigen von der orthodoxen zur katholischen Kirche übergetretenen Univ.-Prof. Dr. Pusino in Berlin liegt zur Überarbeitung und Ergänzung vor.
4) Für eine gelegentliche Herausgabe eines zweiten Bandes "Ex Oriente" sind Beiträge zugesagt und zum Teil schon geschrieben.
Für diesen 2. Band "Ex Oriente" sind auch mehrere Artikel des deutschen kathol. Episcopates vorgesehen. In dem bereits erschienenen I. Band Ex Oriente fehlten Beiträge des deutschen Episcopates aus besonderen Gründen, die bei der Aufstellung des Planes in kleinerem Priesterkreis besprochen und jetzt Sr. Exellenz Msgr. d'Herbigny in Rom mitgeteilt sind, zumal die Kritik über "Ex Oriente" in Orientalia Christiana, Nr. 43, April 1928, S. 261/262 diese Zurückhaltung ("Per quelle delicatesse se trouve–t-il, que,--") eigens erwähnt worden ist. Abschrift bezw. Übersetzung dieser Kritik liegt bei.
5) Manche Korrespondenz wurde dem Unterzeichneten zur Erledigung von dem Russ. Emigrantenbüro in Berlin (Caritasverband, Oranienburgerstr. 13/14) zugesandt, wie umgekehrt manche Briefe von Aachen aus an das Berliner Büro weiter geleitet wurden.
Zu diesen wie in anderen Punkten wurde von dem Unterzeichneten nichts Besonderes getan ohne Verständigung bezw. Zusammenarbeit mit dem Russischen Emigrantenbüro, Herrn Direktor Wienken und Herrn Dr. Kuzmin-Karawajew.
Gewachsen ist die Korrespondenz mit den orthodoxen Russischen Emigrantenkreisen im Auslande: in Paris, Nizza, in Belgien, Serbien und Bulgarien.
Herr Univ. Prof. Dr. Arsenieff (z. Zt Königsberg), der in seinem für "Ex Oriente" geschriebenen und bereits gedruckten Artikel Angriffe
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auf eine hohe kathol. Persönlichkeit nicht auslassen wollte und dessen Artikel deshalb in letzter Stunde ersetzt werden musste, schrieb nachträglich recht anerkennend über das Sammelbuch "Ex Oriente" und will zum Zeichen persönlicher Aufmerksamkeit den Unterzeichneten im Laufe des Sommers in Aachen besuchen.
Anfragen und Vorschläge des orthodoxen Generals Dolinsky in Paris betreffend Weiterbildung russischer Kinder in Belgien wurden Msgr. Alex Sipiagine in Namur (18 avenue de Salzinnes) zur Erledigung übersandt.
Wertvoll scheinen die Beziehungen zu sein zu dem orthod. Seminarregens & Bibliotheksleiter Prof. Dr. Vikentije Vujic, dem Berater des orthod. Bischofs (Weihbischofs) in Sremski Karlovci. In diesem Orte fand die Beratung der orth. Bischöfe statt mit dem bekannten Ausgang der Spaltung in die Parteien des Metrop. Antonius und des Metrop. Eulogius. Unterzeichneter hatte mehrere Tage nach diesem Konzil die Gastfreundschaft des Herrn Prof. Vujic genossen - ein besonderer Bericht über die Privatunterhaltungen wurde Euerer Exzellenz am 11.8.1926 unterbreitet. Die Kopie eines am 4. April 1928 eingetroffenen Briefes liegt bei.
Fortsetzung: Blatt 4.
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Excellenz!1 Wenn der gehorsamst Unterzeichnete auch räumlich von der früheren Arbeitsstätte in Berlin getrennt ist, so bleibt die innere Einstellung dieselbe. Mein Gebet und meine Arbeit opfere ich gerne den grossen Aufgaben, an deren Verwirklichung bisher mitzuhelfen, das besondere Wohlwollen der hohen kirchlichen Behörden, besonders auch das väterliche Wohlwollen Euerer Excellenz mir stets innere Kraft und Freude verliehen haben. Höchst erfreulich war in diesem Sinne auch das huldvolle Schreiben, das Se. Excellenz Msgr. d'Herbigny am 3. Maerz 1928 dem Unterzeichneten sandten; Kopie liegt bei.
Wenn Unterzeichneter Euerer Excellenz heute eine besondere Bitte zu unterbreiten sich beehrt, so wäre es die, jetzt nach Wiederherstellung seiner Gesundheit an dem bereits früher geplanten "Ausbau der Russischen Emigrantenfürsorge für Deutschland" unter dem Vorsitze Sr. Bischöflichen Gnaden Graf O'Rourke aus Danzig in irgend einer Form mitwirken zu können. Zu etwaigen Besprechungen und Sitzungen würde Unterzeichneter
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auf Wunsch recht gerne von Aachen nach Berlin ab und zu fahren; dies um so lieber, als dadurch die bisherige einheitliche Zusammenarbeit gesichert und erleichtert würde.
Seine Eminenz Kardinal Schulte sagte de als Dioecesanbischof dem Unterzeichneten seiner Zeit, dass er nach Übersiedlung von Berlin zu der früheren Tätigkeit in Aachen Arbeiten zugunsten derselben grossen Unionsarbeit in der Erzdiöcese Köln ausführen könne, zumal hier noch in dieser Hinsicht grosse Aufgaben zu lösen seien.
Mit dem Ausdruck vorzüglichster
Hochachtung und Ergebenheit
Euerer Excellenz
gehorsamster L. Berg.
Anlagen:
1) Brief Sr. Exc. Msgr. d'Herbigny vom 3.3.1928.
2) Plan für Organisation in Deutschland, betreffend Wiedervereinigung der Kirchen. 2.5.1927.
3) Artikel "Benediktinermönche und orthodoxe Kirche" aus Wosroschdenije 21.2.1928.
4) Brief des orthodoxen Prof. Dr. Vujić. 4.4.1928.
5) Kritiken über "Ex Oriente":
a) Orient. Christ., Roma. N° 43, April 1928.
b) Irénikon, Amay. Tome V. N° 2. 1928. pg. 117.
c) orthodoxer Schriftsteller Dr. Leo Ellis-Kobilinsky.
1Notiz in der linken obere Ecke, von anderer Hand: "Fare copia e restituire originale a S. E. Mgr. Pacelli"
Empfohlene Zitierweise
Berg, Ludwig an Pacelli, Eugenio vom 24. April 1928, Anlage, in: 'Kritische Online-Edition der Nuntiaturberichte Eugenio Pacellis (1917-1929)', Dokument Nr. 19511, URL: www.pacelli-edition.de/Dokument/19511. Letzter Zugriff am: 04.05.2024.
Online seit 20.01.2020.