Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands (USPD)

Um ihre Ablehnung der deutschen Kriegsziele zu demonstrieren, stimmten 20 sozialdemokratische Reichstagsabgeordnete am 21. Dezember 1915 gegen die Bewilligung weiterer Kriegskredite. Am 24. März 1916 wurden diese aus der Reichstagsfraktion der SPD ausgeschlossen und bildeten fortan die Sozialdemokratische Arbeitsgemeinschaft. Am 6. April 1917 gründete sich in der Tradition der revolutionären Arbeiterbewegung die Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands (USPD) unter dem Vorsitz Hugo HaaseS. Die alte SPD wurde fortan als Mehrheitssozialdemokratie (MSPD) bezeichnet. Die von der USPD organisierten Massenstreiks gegen schlechte Lebensmittelversorgung und die Fortführung des Kriegs verschafften der Partei vor allem in den Teilen der sozialistischen Arbeiterschaft Rückhalt.
In der Novemberrevolution bildete die USPD gemeinsam mit der verfeindeten MSPD den paritätisch besetzten "Rat der Volksbeauftragten" unter den gleichberechtigten Vorsitzenden Friedrich Ebert und Hugo Haase. Jedoch verließ die USPD diesen bereits am 28. Dezember 1918 wegen des harten Vorgehens der MSPD gegen die Volksmarinedivision. Darüber hinaus spaltete sich der linksradikale Sparkatusbund unter Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht mit der Gründung der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) zum Jahreswechsel 1918/19 von der USPD ab.
Obwohl die USPD die parlamentarische Demokratie ablehnte und ein Rätesystem anstrebte, nahm sie bei Wahlen in der Weimarer Republik teil. Bei den Wahlen zur Verfassunggebenden Nationalversammlung am 19. Januar 1919 erlitt sie mit 7,6 Prozent im Vergleich zur MSPD mit 37,9 Prozent eine deutliche Niederlange. Die Wählerschaft der USPD rekrutierte sich aus der Arbeiterschaft der Großstädte und Industriegebiete. Durch die Forderung nach Sozialisierung der großen Industriebetriebe und durch die Unterstützung der Arbeiter- und Soldatenräte erhielt die USPD großen Zulauf. Vor allem unzufriedene Wähler der MSPD warfen dieser eine zu enge Zusammenarbeit mit den alten Eliten des Kaiserreichs vor. Bei den Reichstagswahlen vom 6. Juni 1920 konnte die USPD mit 17,9 Prozent viele Wählerstimmen auf sich vereinen, die vorher an die MSPD gefallen waren, die mit 21,6 Prozent zwar stärkste Partei blieb, aber herbe Verluste hinnehmen musste.
Die Frage, ob die USPD der Kommunistischen Internationalen (Komintern) beitreten sollte, führte im Sommer 1920 zu innerparteilichen Spannungen. Die vom Verlauf der Revolution enttäuschte Parteilinke unter Ernst Thälmann wollte mit Hilfe Moskaus ihre revolutionären Ideen verwirklichen. Am 4. Dezember 1920 schloss sich die Parteilinke mit der KPD zur Vereinigten Kommunistischen Partei Deutschlands zusammen. Die Rest-USPD unter den Vorsitzenden Georg Ledebour und Arthur Crispien näherte sich in den folgenden beiden Jahren wieder der MSPD an, was schließlich zur Wiedervereinigung als Vereinigte Sozialdemokratische Partei Deutschlands (VSPD) im Dezember 1922 führte. 1924 wurde der alte Parteiname SPD wieder eingeführt. Die USPD existierte als Splitterpartei weiter, erlangte bei Wahlen jedoch nie Fraktionsstärke und ging 1931 in der Sozialistischen Arbeiterpartei Deutschlands auf.
Literatur
BRAUNE, Andreas / HESSELBARTH, Mario / MÜLLER, Stefan (Hg.), Die USPD zwischen Sozialdemokratie und Kommunismus 1917-1922. Neue Wege zu Frieden, Demokratie und Sozialismus? (Weimarer Schriften zur Republik 3), Stuttgart 2018.
HOFMANN, Robert, Geschichte der deutschen Parteien. Von der Kaiserzeit bis zur Gegenwart, München / Zürich 1993, S. 131-142.
KALMBACH, Karena, Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands (USPD), in: www.dhm.de (Letzter Zugriff am: 18.03.2013).
Krause, Hartfrid, USPD. Zur Geschichte der Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei Deutschlands, Frankfurt am Main 1975.
LUDEWIG, Hans-Ulrich, Arbeiterbewegung und Aufstand. Eine Untersuchung zum Verhalten der Arbeiterparteien in den Aufstandsbewegungen der frühen Weimarer Republik 1920-1923, Husum 1978.
Morgan, David W., The Socialist Left and the German Revolution. A History of the German Independent Socialist Democratic Party 1917-1922, Ithaca, N.Y./London 1975.
Weimarer Republik 1918-1933. Reichstagswahlen. Gesamtergebnisse, in: www.wahlen-in-deutschland.de (Letzter Zugriff am: 18.03.2013).
WHEELER, Robert F., USPD und Internationale. Sozialistischer Internationalismus in der Zeit der Revolution, Frankfurt am Main u. a. 1975.
Empfohlene Zitierweise
Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands (USPD), in: 'Kritische Online-Edition der Nuntiaturberichte Eugenio Pacellis (1917-1929)', Schlagwort Nr. 23002, URL: www.pacelli-edition.de/Schlagwort/23002. Letzter Zugriff am: 19.03.2024.
Online seit 24.03.2010, letzte Änderung am 20.01.2020.
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