Deutsche Liga für Völkerbund

Die "Deutsche Liga für Völkerbund" (DLV) wurde am 17. Dezember 1918 in Berlin unter maßgeblicher Beteiligung des Auswärtigen Amts gegründet. Dabei wurde ein Arbeitsausschuss eingesetzt, dem unter anderem der letzte kaiserliche Reichskanzler Max von Baden, aber auch Mitglieder des Rates der Volksbeauftragten wie Friedrich Ebert und Philipp Scheidemann von den Mehrheitssozialdemokraten (MSPD) sowie Hugo Haase von den Unabhängigen Sozialdemokraten (USPD) angehörten. Daneben waren weitere prominente Politiker der MSPD, der Liberalen, des Zentrums und auch der USPD sowie Diplomaten, Wissenschaftler und Anhänger der Friedensbewegung Mitglieder der DLV.
Die DLV fungierte einerseits als Sprachrohr von Teilen der deutschen Öffentlichkeit, die den Völkerbundsgedanken fördern wollten, andererseits wurde sie von der offiziellen deutschen Politik als publizistisches Hilfsorgan zur Einwirkung auf die Öffentlichkeit im Reich genutzt. Schließlich besaß die DLV als Mitglied der "Union Internationale des Associations pour la Société des Nations" die Möglichkeit, auf internationalen Konferenzen deutsche außenpolitische Vorstellungen zu verbreiten, und konnte somit auch im Ausland die Verständigungsbereitschaft Deutschlands signalisieren.
Erster Vorsitzender der DLV war der Zentrumspolitiker Matthias Erzberger. Jedoch waren er und die meisten anderen prominenten Politiker durch ihre innenpolitischen Aufgaben gebunden und traten deshalb kaum in der Liga in Erscheinung. Die Organisation, deren Apparat insgesamt vor allem imponierend nach Außen wirken sollte, wurde vielmehr von engagierten Mitgliedern getragen. Das Startkapital der DLV kam vom Rat der Volksbeauftragten, die weitere Finanzierung übernahm das Auswärtige Amt.
Die endgültige Gestalt des Völkerbundes und der Versailler Vertrag bedeuteten eine herbe Enttäuschung für die Liga. Die anfänglich von der Linken und der bürgerlichen Mitte getragene Organisation rückte seit 1920 unter ihrem zweiten Vorsitzenden, dem ehemaligen Botschafter in Washington Johann Heinrich Graf Bernstorff, zunehmend nach rechts und wurde – finanziell abhängig vom Auswärtigen Amt – zu einem weiteren Träger deutscher Revisionspolitik. So konnte die Liga zwischen 1923 und dem Beitritt des Deutschen Reichs zum Völkerbund 1926 im Zuge der Politik des Außenministers Gustav Stresemann erneut eine gewisse Bedeutung erlangen.
Zwar waren Linksliberale in der DLV während der gesamten Weimarer Republik vertreten – so wurde der liberale Ernst Jäckh 1932 dritter Vorsitzender –, doch drängte das Auswärtige Amt zu einer Integration von Deutschnationalen und Nationalsozialisten, die mit der Wahl des ehemaligen Gouverneurs von Ostafrika Heinrich Schnee zum vierten Vorsitzenden 1933 schließlich gelang. Der DLV wurde kurz darauf gleichgeschaltet und in "Deutsche Gesellschaft für Völkerbundfragen" umbenannt.
Literatur
DÜLFFER, Jost, Vom Internationalismus zum Expansionismus. Die Deutsche Liga für Völkerbund, in: ELZ, Wolfgang / NEITZEL, Sönke (Hg.), Internationale Beziehungen im 19. und 20. Jahrhundert. Festschrift für Winfried Baumgart zum 65. Geburtstag, Paderborn u. a. 2003, S. 251-266.
HÖHNE, Günter, Deutsche Liga für Völkerbund (DLfV) 1918-April 1933, in: FRICKE, Dieter u. a. (Hg.), Lexikon zur Parteiengeschichte. Die bürgerlichen und kleinbürgerlichen Parteien und Verbände in Deutschland (1789-1945), Bd. 2, Köln 1984, S. 9-16.
WINTZER, Joachim, Deutschland und der Völkerbund 1918-1926, Paderborn u. a. 2006.
Empfohlene Zitierweise
Deutsche Liga für Völkerbund, in: 'Kritische Online-Edition der Nuntiaturberichte Eugenio Pacellis (1917-1929)', Schlagwort Nr. 4014, URL: www.pacelli-edition.de/Schlagwort/4014. Letzter Zugriff am: 26.04.2024.
Online seit 04.06.2012, letzte Änderung am 20.01.2020.
Als PDF anzeigen