Verhandlungen über ein Konkordat mit dem Deutschen Reich 1924-1929
Das dritte Kabinett Marx legte einen neuen Konkordatsentwurf vor, den das Reichsinnenministerium am 18. Oktober 1926 dem Auswärtigen Amt übersandte. Dieser trug den unprätentiösen Titel "Richtlinien für ein Reichskonkordat", wahrscheinlich um mögliche Kritiker zu beschwichtigen. Dennoch umfasste der Entwurf dieselbe Regelungsmaterie wie sein Vorgänger von 1924. Wieder legte Preußen Widerspruch gegen das Vorhaben der Reichsregierung ein. Letztlich wurde das Projekt aber ab April 1927 vor allem wegen des zu erwartenden Widerstands der Deutschen Volkspartei (DVP) nicht weiter verfolgt. Ohnehin hätte das Reich ohne ein Reichsschulgesetz, dessen Verabschiedung bis zum Ende der Weimarer Republik nicht gelang, keine Verhandlungskompetenz im Bereich der Schulfrage gehabt, die schließlich in beiden Entwürfe thematisiert wurde.
Bis zum Ende von Pacellis Amtszeit als Nuntius in Berlin 1929 gab es keine weitere Bewegung in der Konkordatsfrage. Jedoch spielten die Entwürfe von 1924 und 1926 bei den Verhandlungen über das Reichskonkordat vom 20. Juli 1933 eine wichtige Rolle.
Analysis
Pacelli berichtet zwar immer wieder über die Position der maßgeblichen politischen Akteure zur Konkordatsfrage und hatte ein mögliches Reichskonkordat bei allen Fragen, die das Verhältnis von Kirche und Staat berührten, stets im Hinterkopf. Jedoch kommen die konkreten Sondierungen der Jahre zwischen 1924 und 1929 in seiner Korrespondenz mit dem päpstlichen Staatssekretariat nur am Rande vor. Die Verhandlungen von 1924 deutete Pacelli Gasparri gegenüber nur an (vgl. Dokumente Nr. 14497 und 1737), über die von 1926/27 informierte er den Kardinalstaatssekretär ausführlicher (vgl. Dokument Nr. 3110). Der Entwurf eines Reichskonkordats von 1924 findet sich nicht in den Akten der Berliner Nuntiatur. Die Richtlinien von 1926 erhielt Pacelli dagegen von der Reichskanzlei am 4. April 1927 zugesandt (vgl. AAV, Arch. Nunz. Berlino 90, fasc. 1, fol. 556rv sowie 558r-561r). Er leitete sie jedoch nicht nach Rom weiter.Sources
Richtlinien des Reichsministeriums des Innern für ein Reichskonkordat vom
[18. Oktober 1926], in: KÜPPER, Alfons (Bearb.), Staatliche Akten über die
Reichskonkordatsverhandlungen 1933 (Veröffentlichungen der Kommission für Zeitgeschichte
A 2), Mainz 1969, Anhang Nr. 12, S. 479-484.
Entwurf des Reichsministeriums des Innern vom [24. November 1924], in: KÜPPER,
Alfons (Bearb.), Staatliche Akten über die Reichskonkordatsverhandlungen 1933
(Veröffentlichungen der Kommission für Zeitgeschichte A 2), Mainz 1969, Anhang
Nr. 11, S. 473-478.
Bibliography
DEUERLEIN, Ernst, Das Reichskonkordat. Beiträge zu Vorgeschichte, Abschluß und Vollzug
des Konkordates zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Deutschen Reich vom 20. Juli
1933, Düsseldorf 1956, S. 52-71.
Verhandlungen um ein Konkordat mit dem Deutschen Reich in der Weimarer Republik
1919-1922; 24010.
VOLK, Ludwig, Das Reichskonkordat vom 20. Juli 1933. Von den Ansätzen in der
Weimarer Republik bis zur Ratifizierung am 10. September 1933 (Veröffentlichungen
der Kommission für Zeitgeschichte B 5), Mainz 1972, S. 32-36.