Bayerischer Landtag, 1920-1924
Die größte Fraktion bildete die Bayerische Volkspartei (BVP) mit 65 Sitzen (39,4 Prozent der Stimmen). Dazu konnte das Wahlbündnis der Nationalliberalen und Bayerischen Mittelpartei NLP (DVP) / BMP (DNVP) die Anzahl ihrer Mandate auf 20 (13,5 Prozent) mehr als verdoppeln. Die liberalen Parteien mussten Verluste hinnehmen. Der Bayerische Bauernbund (BBB) erhielt 4 Mandate weniger und nun 12 Sitze (7,8 Prozent). Die Deutsche Demokratische Partei (DDP) musste sich von 25 auf 13 Mandate verringern (8,1 Prozent). Noch schwerer traf es die Sozialdemokraten. Die SPD kam nur noch auf 26 Sitze (16,4 Prozent) anstatt der 61 in der vorhergehenden Legislaturperiode. Allerdings gewann die USPD deutlich und kam von 3 Sitzen auf nunmehr 20 Mandate (12,9 Prozent). Die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) zog mit 2 Mandaten (1,7 Prozent) erstmals in den Landtag ein.
Am 16. Juli 1920 erfolgte die Wiederwahl des parteilosen von Kahr zum Ministerpräsidenten, dessen Kabinett nun aus 3 Mitgliedern der BVP und je einem Mitglied des Bauernbundes, der DDP und der Mittelpartei bestand. Im Vergleich zur ersten Regierung Kahr war abermals ein Rechtsruck festzustellen, da die DDP das Justizministerium an die BMP verlor. Ziel dieser Regierung war es, eine "Ordnungszelle" Bayern im "marxistischen" Deutschland zu errichten. Das Kabinett bestand bis Anfang September 1921. Die nächste Wahl zum bayerischen Landtag fand am 4. April 1924 statt.
Analyse
Pacelli war mit diesem Wahlergebnis höchst zufrieden. Er schrieb in seinem Nuntiaturbericht vom 12. Juni gar, dass man die Meinung des BVP-Politikers Karl Speck teilen könnte, dass die BVP mit diesem Ergebnis berufen sei, Bayern und das Reich zu retten. Eine von der BVP angeführte Regierung werde u. a. für Ruhe und Ordnung sorgen, zur religiösen und moralischen Erneuerung des Volkes beitragen und eine entsprechende Kulturpolitik verfolgen. Insgesamt werde die Volkspartei zur politischen und moralischen Gesundung Bayerns beitragen, was wiederum günstig für die Gesundung des ganzen Reichs sei (Dokument Nr. 338). Gasparri nahm diesen Bericht lediglich zur Kenntnis (Dokument Nr. 5573). Pacelli hingegen zollte dem Ministerpräsidenten auch noch nach der Demission seines Kabinetts im September 1921 großen Respekt (Dokument Nr. 4140).Literatur
FALTER, Jürgen / LINDENBERGER, Thomas / SCHUMANN, Siegfried, Wahlen und Abstimmungen in
der Weimarer Republik. Materialien zum Wahlverhalten 1919-1933 (Statistische Arbeitsbücher zur
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Geschichte des Bayerischen Parlaments 1819-2008. Landtage 1819-2008. Die Landtage in der
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GÖTSCHMANN, Dirk, Landtagswahlen (Weimarer Republik), in: www.historisches-lexikon-bayerns.de (Letzter Zugriff am: 15.02.2019).
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Freistaat in der Weimarer Republik (1920-1933), in: SPINDLER, Max (Hg.), Handbuch der
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THRÄNHARDT, Dietrich, Wahlen und politische Strukturen in Bayern 1848-1953.
Historisch-soziologische Untersuchungen zum Entstehen und zur Neuerrichtung eines
Parteiensystems (Beiträge zur Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien
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