Übergriffe auf auswärtige Gesandtschaften im April 1919

Pacelli berichtete mehrmals über Übergriffe der Münchener Revolutionäre auf auswärtige Gesandtschaften während der dritten Phase der Revolution in Bayern 1918/19. Am 15. April 1919 unterrichtete der Nuntius Gasparri telegraphisch über den gescheiterten Palmsonntagsputsch in der Nacht vom 13. auf den 14. April. In Reaktion auf diesen seien zwei Gesandtschaften von revolutionären Arbeitern und Soldaten durchsucht worden (Dokument Nr. 9376). Da dieses Telegramm nicht in Rom ankam, wiederholte er es am 11. Mai (Dokument Nr. 326). Diese erste Mitteilung führte Pacelli in seinem Bericht vom 18. April 1919 weiter aus. Er präzisierte, dass das Automobil der preußischen Gesandtschaft beschlagnahmt und der österreichisch-ungarische Generalkonsul Karl Bernauer arretiert wurden (Dokument Nr. 257). In seinem Schreiben vom 6. Mai 1919 wiederum berichtete Pacelli, dass die österreichisch-ungarische Gesandtschaft am Abend des 10. April militärisch besetzt wurde (Dokument Nr. 325).
Das österreichisch-ungarische Generalkonsulat und die Gesandtschaft waren bereits in der Nacht vom 1. auf den 2. Januar 1919 durch den Geschäftsträger des Bundes der Deutschösterreicher Karl Mandel besetzt worden. Die Intervention Kurt Eisners hatte Mandel allerdings noch in der Nacht den Rückzug gezwungen(siehe Dokument Nr. 310). Im Rahmen der Räterepublik besetzte Mandel unter Rückendeckung des Vorsitzenden des revolutionären Zentralrats Ernst Niekisch am 10. April erneut das Generalkonsulat und die Gesandtschaft, setzte Generalkonsul Bernauer ab und errichtete ein neues deutschösterreichisches Konsulat. Der Protest Bernauers und des Geschäftsträgers der österreichisch-ungarischen Gesandtschaft Felix Graf Brusselles-Schaubeck brachten den Zentralrat jedoch zum Einlenken. Mandel wurde zum Abzug gezwungen und der Minister des Auswärtigen der Räterepublik Franz Lipp bedauerte die Vorfälle öffentlich. Am 16. April lies Mandel Bernauer verhaften, doch konnte der Verdacht wegen monarchistischer und konterrevolutionärer Machenschaften nicht aufrecht erhalten werden und der Generalkonsul wurde freigelassen.
Quellen
Pacelli an Gasparri vom [15]. April 1919; Dokument Nr. 9376.
Pacelli an Gasparri vom 18. April 1919; Dokument Nr. 257.
Pacelli an Gasparri vom 6. Mai 1919; Dokument Nr. 325.
Pacelli an Gasparri vom 11. Mai 1919; Dokument Nr. 326.
Literatur
HERRMANN, Angela, Im Visier der Diplomaten: Nuntiatur- und Gesandtschaftsberichte zur Münchner Revolutions- und Rätezeit, in: theologie.geschichte Beiheft 7 (2013), S. 31-58, in: universaar.uni-saarland.de (Letzter Zugriff am: 03.06.2015).
Revolution in Bayern III (7. April 1919 bis 1. Mai 1919) Münchener Räterepublik; Schlagwort Nr. 13015.
WEIGL, Michael, Das Bayernbild der Repräsentanten Österreichs in München 1918-1938 (Europäische Hochschulschriften, Reihe 3: Geschichte und ihre Hilfswissenschaften 1013), Frankfurt am Main u. 1. 2005, S. 143-146.
Empfohlene Zitierweise
Übergriffe auf auswärtige Gesandtschaften im April 1919, in: 'Kritische Online-Edition der Nuntiaturberichte Eugenio Pacellis (1917-1929)', Schlagwort Nr. 28006, URL: www.pacelli-edition.de/Schlagwort/28006. Letzter Zugriff am: 24.11.2024.
Online seit 04.06.2012, letzte Änderung am 29.09.2014.
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