Privatkorrespondenz Pacellis mit Marchetti-Selvaggiani

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Analyse
Dieses Schreiben Pacellis an den Sekretär in der Kongregation für die Glaubensverbreitung, Francesco Marchetti-Selvaggiani, bzw. die ebenfalls genannte Antwort gehören zu ihrer Privatkorrespondenz, von der Teile in den vatikanischen Archiven nachgewiesen werden konnten. Dieses Schreiben fehlt allerdings. Die Recherche nach weiteren privaten Schreiben von und an Pacelli wird intensiv fortgeführt. Es ist allerdings davon auszugehen, dass ein Teil dieser Schreiben verbrannt wurde (vgl. Dokument Nr. 10811). Da der private Briefwechsel zwischen Pacelli und Marchetti-Selvaggiani jenseits der offiziellen Korrespondenz der Nuntiatur stattfand, ist dieses Schreiben auch nicht im Protokollbuch der Münchener Nuntiatur verzeichnet.
Die halb-private, halb-amtliche Korrespondenz des Nuntius erlaubt Rückschlüsse auf die Arbeitsabläufe in der Münchener und Berliner Nuntiatur sowie an der Römischen Kurie und sie verdeutlicht die Bedeutung von informellen Prozessen innerhalb des Vatikans. Im vorliegenden Fall wollte Pacelli eine eindeutige Weisung der Kongregation für die Glaubensverbreitung nicht befolgen, was der Weisungsgebundenheit seines Amtes nicht zu vereinbaren war. Als Ausweg diente Pacelli der private Kontakt zu seinem Vertrauten Marchetti-Selvaggiani, über den er erreichte, dass er das Schreiben, mit dem er König Gustav V. die Ankunft von Johannes Baptist Müller als Apostolischer Vikar für Schweden ankündigen sollte, nicht verfassen musste. Der Nuntius nutzte somit seine Vernetzung an der Kurie, um sich mit seinen Vorstellungen gegen die Kongregation durchzusetzen, ohne dieser dabei offiziell widersprochen zu haben.
Die Vorgehensweise, sich, um eine aus seiner Sicht nicht sinnvolle Weisung nicht ausführen zu müssen, mit einem privaten Schreiben an einen vertrauten Mitarbeiter in der entsprechenden Kongregation zu wenden, wandte Pacelli mindestens ein weiteres Mal an. Im Fall des Verbots der ökumenischen Bewegung "Una Sancta" handelte er nach demselben Muster, als er, um eine Weisung des Präfekten des Heiligen Offiziums, Raffaele Merry del Val, nicht ausführen zu müssen, sich an seinen Vertrauten im Staatssekretariat, Giuseppe Pizzardo, wandte, der wiederum den Assessor im Heiligen Offizium, Nicola Canali, einschaltete, um Pacellis Anliegen vorzubringen. Auch in diesem Fall konnte sich der Berliner Nuntius mittels dieser Vorgehensweise durchsetzen.
Quellen
Pacelli an [Canali] vom 28. April 1927; Dokument Nr. 6798.
Literatur
Privatkorrespondenz Pacellis mit Mercati; Schlagwort Nr. 29038.
Privatkorrespondenz Pacellis mit Pizzardo; Schlagwort Nr. 298.
Privatkorrespondenz Pacellis mit Barluzzi, Schlagwort Nr. 494.
WOLF, Hubert, Papst und Teufel. Die Archive des Vatikan und das Dritte Reich, München 22009, S. 262-278, hier 275-277.
Empfohlene Zitierweise
Privatkorrespondenz Pacellis mit Marchetti-Selvaggiani, in: 'Kritische Online-Edition der Nuntiaturberichte Eugenio Pacellis (1917-1929)', Schlagwort Nr. 27085, URL: www.pacelli-edition.de/Schlagwort/27085. Letzter Zugriff am: 19.03.2024.
Online seit 23.07.2014.
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