Bayerischer Landtag, 1919-1920

Nachdem sich in der Debatte über die Frage, zu welchem Zeitpunkt Wahlen zu einer bayerischen Verfassunggebenden Landesversammlung bzw. zum Landtag abgehalten werden sollten, Anfang Dezember 1918 Innenminister Friedrich Auer gegen Ministerpräsident Kurt Eisner hatte durchsetzen können, wurden für den 12. Januar 1919 Landtagswahlen angekündigt. In der französisch besetzten Pfalz wurden diese am 2. Februar nachgeholt.
Die Wahlen stellten für die Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands (USPD) und Eisner mit lediglich 2,5 Prozent und 3 Mandaten eine deutliche Niederlage dar. Stärkste Fraktion wurde wie erwartet die Bayerische Volkspartei (BVP) mit 35 Prozent der Stimmen und 66 Mandaten. Die Mehrheitssozialdemokraten (MSPD) konnten 33 Prozent der Stimmen auf sich vereinen und erhielt 61 Sitze im neuen Parlament. Die Deutsche Demokratische Volkspartei Partei (DDVP) und die Deutsche Demokratische Partei (DDP) der Pfalz wurden zusammen mit 14 Prozent drittstärkste Kraft und konnte 25 Abgeordnete in den Landtag entsenden. Der Bayerische Bauernbund (BBB) erhielt 9,1 Prozent der Stimmen und 16 Mandate. Die Nationalliberale Landespartei in Bayern (NLB), die deutschnationale Bayerische Mittelpartei (BMP) und die Deutsche Volkspartei (DVP) der Pfalz erzielten gemeinsam 5,8 Prozent der Stimmen und 9 Mandate. Die Wahlbeteiligung lag bei 86,3 Prozent.
Auf dem Weg zur Eröffnung des Landtages am 21. Februar wurde Eisner vom Revolutionsgegner Anton Graf von Arco auf Valley ermordet. Während der Sitzung schoss daraufhin ein Mitglied des neu gebildeten Revolutionären Arbeiterrates auf Auer, zwei weitere Menschen wurden bei der folgenden Schießerei getötet. Nun eskalierte der schwelende Konflikt zwischen den Anhängern einer parlamentarischen Demokratie und eines Rätesystems. Am 22. Februar konstituierte sich ein Zentralrat der Republik Bayern. Nach schwierigen Verhandlungen konnte der Landtag am 17. und 18. März noch einmal tagen, wählte den MSPD-Politiker Johannes Hoffmann zum neuen Ministerpräsidenten und beschloss eine Reihe dringender Gesetze, darunter das vorläufige Staatsgrundgesetz vom 17. März.
Die nächste Sitzung des Landtages sollte am 9. April stattfinden, was der Zentralrat verhinderte, indem er am 7. April die Räterepublik ausrief. Der Landtag und Hoffmanns Regierung wichen nach Bamberg aus, wo jener nach der Niederschlagung der Räterepublik am 12. August eine neue bayerische Verfassung verabschiedete. Der Landtag kehrte am 17. August nach München zurück. Am 31. August nahm Hoffmann die BVP und die DDP in seine Regierung auf. Die Spannungen innerhalb der Koalition wuchsen jedoch bald insbesondere anlässlich der Schul- und der Föderalismusfrage. Den Kapp-Lüttwitz-Putsch nutzten rechtsgerichtete Kreise um Gustav Ritter von Kahr, um Hoffmann zu stürzen. Die neue Regierung von Kahrs bestand aus BVP, DDP und dem Bayerischen Bauernbund. Am 6. Juni 1920 fanden schließlich die Wahlen zum zweiten Landtag statt.
Bibliography
Debatte über die Abhaltung von Wahlen zu einer Verfassunggebenden Landesversammlung bzw. zum Landtag in Bayern; Schlagwort Nr. 2062.
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Geschichte des Bayerischen Parlaments 1819-2008. Landtage 1819-2008. Die Landtage in der Weimarer Republik. Der Landtag 1919-1920 (1. Wahlperiode), in: www.hdbg.de (Last access: 17.02.2014).
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THRÄNHARDT, Dietrich, Wahlen und politische Strukturen in Bayern 1848-1953. Historisch-soziologische Untersuchungen zum Entstehen und zur Neuerrichtung eines Parteiensystems (Beiträge zur Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien 51), Düsseldorf 1973, S. 145-147.
Verfassung des Freistaats Bayern vom 14. August 1919, Bamberger Verfassung; Schlagwort Nr. 2116.
Vorläufiges Staatsgrundgesetz des Freistaates Bayern vom 17. März 1919; Schlagwort Nr. 16001.
Recommended quotation
Bayerischer Landtag, 1919-1920, in: 'Kritische Online-Edition der Nuntiaturberichte Eugenio Pacellis (1917-1929)', keyword no. 7067, URL: www.pacelli-edition.de/en/Keyword/7067. Last access: 21-12-2024.
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