Deutsche Zentrumspartei, Denkschrift Marx' vom 17. Juli 1925

Der Vorsitzende der Zentrumspartei, ehemalige Reichskanzler und Kandidat bei den Reichspräsidentenwahlen, Wilhelm Marx, übersandte am 17. Juli 1925 Papst Pius XI. eine Denkschrift mit dem Titel "Die Politik der deutschen Katholiken". Diese hatte er dem Papst bei einer Privataudienz am 21. Mai 1925 versprochen, die ihm während seiner Rom-Reise anlässlich der Heiligsprechung von Petrus Canisius gewährt worden war. Auf dieser Reise musste er feststellen, dass im Vatikan einseitige Vorstellungen von der Zusammenarbeit zwischen Zentrum und Sozialdemokratie (SPD) herrschten. In seiner Denkschrift legte Marx die Gründe dar, "die die Dt. Z-Partei bewogen haben, zeitweise mit der SPD zur Erreichung bestimmter polit. Ziele im Parlament zusammenzugehen" (Marx an Pius XI. vom 17. Juli 1925, S. 375).
Die Zusammenarbeit mit der SPD habe sich aus der außergewöhnlichen Situation der Novemberrevolution 1918 ergeben, in der die SPD die herrschende Partei gewesen sei und die protestantisch konservativen Kreise versagt haben. Nur durch diese Zusammenarbeit habe "der Einfluss der christlichen Volkskreise auf die Ordnung der staatlichen Verhältnisse" gesichert werden können (Denkschrift Marx', S. 660).
Diese Politik habe die SPD gezähmt und einen günstigen Einfluss auf die Arbeiterschaft gehabt, was etwa in der Unterstützung der SPD für einen katholischen Kandidaten bei den Reichspräsidentenwahlen 1925 zum Ausdruck komme. Dieses Vorgehen habe jedoch keinen Einfluss auf die grundlegende Unvereinbarkeit zwischen Katholizismus und Sozialismus, sei aber gerade angesichts der aktuellen sozialen Verwerfungen im Reich notwenig, um die Zähmungserfolge der Vergangenheit nicht preiszugeben.
Die immer wieder geforderte Zusammenarbeit mit den protestantischen Rechtsparteien sei dagegen nicht angeraten, weil diese, wie die Reichspräsidentenwahl 1925 ebenfalls gezeigt habe, konfessionelle Konflikte schürten und eine Gefahr für den deutschen Katholizismus darstellten.
Quellen
Denkschrift Marx', [von vor dem 17. Juli 1925], in: HÜRTEN, Heinz (Bearb.), Akten deutscher Bischöfe über die Lage der Kirche 1918-1933, Bd. 1: 1918-1925 (Veröffentlichungen der Kommission für Zeitgeschichte B 51), Paderborn u. a. 2007, Nr. 331, S. 659-663.
Wilhelm Marx an Pius XI. vom 17. Juli 1925, in: STEHKÄMPER, Hugo (Bearb.), Der Nachlaß des Reichskanzlers Wilhelm Marx, Bd. 2 (Mitteilungen aus dem Stadtarchiv Köln 53), Köln 1968, S. 375.
Literatur
HEHL, Ulrich von, Wilhelm Marx 1863-1946. Eine politische Biographie (Veröffentlichungen der Kommission für Zeitgeschichte B 47), Mainz 1987, S. 354.
RUPPERT, Karsten, Im Dienst am Staat von Weimar. Das Zentrum als regierende Partei in der Weimarer Demokratie 1923-1930 (Beiträge zur Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien 96), Düsseldorf 1992, S. 185 f.
Empfohlene Zitierweise
Deutsche Zentrumspartei, Denkschrift Marx' vom 17. Juli 1925, in: 'Kritische Online-Edition der Nuntiaturberichte Eugenio Pacellis (1917-1929)', Schlagwort Nr. 177, URL: www.pacelli-edition.de/Schlagwort/177. Letzter Zugriff am: 24.11.2024.
Online seit 30.10.2012, letzte Änderung am 10.09.2018.
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