Bayerischer Separatismus und Föderalismus
Die Anhänger des bayerischen Separatismus strebten die Eigenstaatlichkeit Bayerns an und lehnten die Hegemonie des als militaristisch geltenden Preußens im Deutschen Reich ab. Bei der Reichsgründung 1870/71 war die Bayerische Patriotenpartei – seit 1887 Bayerische Zentrumspartei und damit auch Vorgängerin der 1918 gegründeten Bayerischen Volkspartei (BVP) – in Partikularisten und Separatisten auf der einen Seite, welche die Eigenstaatlichkeit Bayerns anstrebten, und in Föderalisten auf der anderen Seite, die Bayern als Bundesstaat des Deutschen Reichs sahen, gespalten. Sowohl der bayerische Separatismus als auch der Föderalismus waren dabei eng mit der bayerischen Monarchie verbunden.
Auch nach ihrem Sturz im November 1918 blieben föderalistische und separatistische Positionen bedeutend für die bayerische Politik. Kurt Eisner drohte auf der Berliner Konferenz der deutschen Bundesstaaten am 25. November 1918 sogar mit dem Abfall Bayerns vom Reich und brach daraufhin die diplomatischen Beziehungen ab. Aber letztlich strebte er eine Deutsche und keine Bayerische Republik an.
Mit Schlagworten wie "Bayern den Bayern" und "Los von Berlin" vertrat auch die BVP im November 1918 die gegen das Reich und Preußen gerichteten separatistischen und föderativen Ideen. Der Föderalismus gewann allerdings bereits zu Beginn der Weimarer Republik die Überhand und wurde zur Maxime aller bayerischen Staatsregierung. Insbesondere der bayerische Ministerpräsident Heinrich Held verfolgte ein föderalistisches Programm. Allerdings war Bayern nach der Weimarer Reichsverfassung keine eigene Außenpolitik gestattet. Jedoch bildeten seine Beziehungen zum Heiligen Stuhl hierbei eine Ausnahme, weshalb sowohl die bayerische Vatikangesandtschaft unter Otto von Ritter zu Groenesteyn als auch die Münchener Nuntiatur bestehen bleiben konnten, auch als im Juni 1920 die Berliner Nuntiatur gegründet wurde. Eine von Bayern geforderte föderalistische Reichsreform kam bis 1933 jedoch nicht zustanden.
Ihre Politik brachte der bayerischen Staatsregierung immer wieder die Kritik ein, separatistische Ziele zu verfolgen. Insbesondere das Vorgehen des Ministerpräsidenten Gustav Ritter von Kahr führte wiederholt zu schweren Kollisionen mit der Reichsregierung. Jedoch herrschte auch in München die Erkenntnis, dass die Unabhängigkeit Bayerns weder politisch noch ökonomisch möglich war.
Analyse
Die Frage des Bayerischen Separatismus hatte auch Rückwirkungen auf die Verhandlungen um das Konkordat mit Bayern. Nicht nur Ritter zu Groenesteyn sah durch einen möglichen Konkordatsabschluss einen letzten Rest der ehemaligen bayerischen Eigenstaatlichkeit erhalten, weshalb er sich bei den unterschiedlichen bayerischen Regierungen dafür stark machte. Pacelli zog ein Konkordat mit Bayern einem etwaigen Reichsrahmenkonkordat vor, da er in Bayern ein Musterkonkordat abzuschließen hoffte (Dokument Nr. 4130). Doch die staatliche bayerische Antwort auf Pacellis Verhandlungsvorschläge zog sich hin. Im Vatikan kamen Ende des Jahres 1921 erhebliche Zweifel am Bayernkonkordat auf, da Kardinalstaatssekretär Pietro Gasparri fürchtete, dass der Heilige Stuhl, der doch in politischen Fragen neutral sein wollte, durch ein separates Konkordat mit Bayern den bayerischen Separatismen stärken, die Einheit des Deutschen Reichs schwächen und damit Frankreich in die Hände spielen könne (Dokumente Nr. 5683 und Nr. 5684). Pacelli und Ritter von Groenesteyn, die nicht nur in dieser Frage in enger privater Korrespondenz standen, zogen nun an einem Strang. Ritter von Groenesteyn drängte in München auf eine schnelle Stellungnahme zur kirchlichen Verhandlungsposition und in Rom stellte er die Vorteile eines Bayernkonkordats gegenüber einem Reichskonkordat heraus. Pacelli konnte mit einem ausführlichen Bericht Gasparris Zweifel beseitigen und sich in der Frage der Priorität des Bayernkonkordats durchsetzen (Dokument Nr. 3422).Literatur
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