Innerdiözesaner Finanzausgleich

In der Weimarer Republik herrschte das Ortkirchensteuersystem vor. Im Gegensatz zum Diözesansteuersystem zahlten die Mitglieder der römisch-katholischen Kirche ihre Kirchensteuer an die Gemeinde, die wiederum die entsprechenden Einnahmen verwaltete und (bis auf etwaige Abgaben an die Diözesanverwaltung) auch allein über sie verfügen konnte. Im CIC/1917 war kein innerdiözesaner Finanzausgleich zwischen den Kirchengemeinden vorgesehen. Dies führte freilich zu unterschiedlichen finanziellen Ausstattungen der Gemeinden. Deshalb bemühte sich eine Reihe deutscher Bistümer schon im Kaiserreich und in der Weimarer Republik, einen Ausgleich zu schaffen. Diese Bemühungen wurden bisher jedoch kaum erforscht, lediglich für Preußen gibt es Forschungsansätze.
In Preußen wurde das Ortkirchensteuersystem mit dem Gesetz über die Vermögensverwaltung in den katholischen Kirchengemeinden vom 20. Juni 1875 eingeührt. Es lag auch dem preußischen Kirchensteuergesetz von 1905 zugrunde. Da die Kirchensteuer nach Bedarf von den einzelnen Kirchengemeinde zu erheben war, konnten Gemeinden mit großem Vermögen und steuerstarker Bevölkerung niedrigere Kirchensteuersätze erheben als solche mit geringem Vermögen und steuerschwacher Bevölkerung. Ein innerdiözesaner Finanzausgleich war auf dieser gesetzlichen Grundlage ausgeschlossen. Dies führte zu einer sehr unterschiedlichen Kirchensteuerbelastung, die von Gemeinde zu Gemeinde stark variieren konnte. Das Gesetz über die Bildung von Gesamtverbänden in der katholischen Kirche vom 20. Mai 1903 sollte Abhilfe schaffen. Mehrere Gemeinden konnten sich nun zu Gesamtverbänden zusammenschließen, die als Körperschaften öffentlichen Rechts die Kirchensteuer erhoben. Ein Finanzausgleich innerhalb des Gesamtverbands war möglich. Vor dem Ersten Weltkireg wurden allerdings nur wenige Gesamtverbände gegründet. Erst nach der Inflation kam es in der Weimarer Republik besonders in den Städten des Ruhrgebiets zur Gründung zahlreicher Gesamtverbände, nicht jedoch auf dem Land. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg ging die Kirchensteuererhebung auf die Diözesen über, so dass ein innerdiözesaner Finanzausgleich möglich wurde.
Literatur
FAHR, Friedrich / SCHLIEF, Karl Eugen, Der kirchliche Finanzausgleich. Anmerkungen zur gegenwärtigen Praxis der katholischen Kirche in Deutschland, in: KIRCHHOF, Paul / OFFERHAUS, Klaus / SCHÖBERLE, Horst (Hg.), Steuerrecht, Vefassungsrecht, Finanzpolitik. Festschrift für Franz Klein, Köln 1994, S. 681-695.
Kirchensteuergesetz von 1905; Schlagwort Nr. 12040.
MARRÉ, Heiner, Das kirchliche Besteuerungsrecht, in: LISTL, Joseph / PIRSON, Dietrich (Hg.), Handbuch des Staatskirchenrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. 1, Berlin 21994, S. 1101-1147, hier 1117 f.
MARRÉ, Heiner / HOFFACKER, Paul, Das Kirchensteuerrecht im Land Nordrhein-Westfalen. Kommentar zum Gesetz über die Erhebung von Kirchensteuern im Land Nordrhein-Westfalen (Kirchensteuergesetz - KiStG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. November 1968 (GV NW 1968 S. 375) und zu den Kirchensteuerordnungen der im Lande Nordrhein-Westfalen gelegenen Diözesen. Zugleich ein Beitrag zum allgemeinen Staatskirchenrecht (Aschendorffs Juristische Handbücherei 76), Münster 1969, S. 70-72.
Preußisches Gesetz betreffend die Bildung von Gesamtverbänden in der katholischen Kirche vom 29. Mai 1903; Schlagwort Nr. 11124.
Preußisches Gesetz über die Vermögensverwaltung der katholischen Kirchengemeinden vom 20. Juni 1875; Schlagwort Nr. 12030.
SCHMEDDING, Adolf / LINNEBORN, Johannes (Hg.), Die Erhebung von Kirchensteuern in den katholischen Kirchengemeinden, Gemeindeverbänden und Diözesen. Kommentar zu den Gesetzen vom 14. Juli 1905 und vom 3. Mai 1929, Paderborn 1929.
Empfohlene Zitierweise
Innerdiözesaner Finanzausgleich, in: 'Kritische Online-Edition der Nuntiaturberichte Eugenio Pacellis (1917-1929)', Schlagwort Nr. 1510, URL: www.pacelli-edition.de/Schlagwort/1510. Letzter Zugriff am: 24.11.2024.
Online seit 24.06.2016, letzte Änderung am 20.01.2020.
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